Barack Obama: Eine Krönungsmesse ohne Sieg-Garantie

Es sind gewiss nicht die Parteitage, die die Welt verändern. Aber auch wer den Konvent der US-Demokraten in Denver eher distanziert verfolgt, kann sich der Faszination amerikanischer Wahlkämpfe nicht entziehen: eine fünftägige Krönungsmesse, kalkuliertes Medienspektakel und großartige Inszenierung in einem.

Und mit einem Ergebnis, das durchaus das Etikett "historisch" verdient: Wer sich noch daran erinnert, dass bis tief in die 60er Jahre in den Südstaaten die Parkbänke für "Weiße" reserviert und die Schulen nach Hautfarbe geordnet waren, der kann ermessen, welch zivilisatorischer Fortschritt die Nominierung des ersten afroamerikanischen Präsidentschaftskandidaten darstellt.

Und natürlich auch welch Risiko. Die starken Auftritte der Clintons, Hillarys wie Bills, sollten ja nicht zuletzt die traditionell Demokraten-nahen, aber eher Obama-skeptischen Massen der weißen Unter- und Mittelschicht überzeugen, dass der schwarze Senator aus Illinois auch ihre Sache vertritt. Die Botschaft von "Change", dem "Wechsel", zog mit Glanz und Emotionalität zwar alle in ihren Bann, der In-halt aber blieb merkwürdig vage.

Dabei ist die Ausgangslage der Demokraten nach zwei Wahlperioden des Republikaners Bush denkbar günstig: Weite Teile der Mittelschicht fürchten um Einkommen und Häuser, die Zahl der US-Bürger mit einer Krankenversicherung geht weiter zurück, das Land muss täglich mehr als eine Milliarde Dollar Schulden aufnehmen, um Amerikas Kriege zu finanzieren, und der internationale Ruf ist stark angeschlagen. Und dennoch liegen Obama und McCain nach allen Umfragen nahezu gleichauf.

Es sollte im Hauptquartier der Demokraten schon nachdenklich stimmen, dass McCain, der nicht nur für ein ganz offenes "Weiter so" steht und dem Volk zudem die Illusion verkauft, als "Weltpolizist" sei er in der Lage, einen noch größeren Knüppel als Bush zu schwingen, auch während des Denver-Spektakels kaum an Boden verlor. Obwohl die Demokraten die Schlagzeilen und TV-Sendungen beherrschten.

Das Rennen ums Weiße Haus ist deshalb weit offener, als es der breite Raum vermuten lässt, den Obama in den jüngsten Tagen einnahm. Vielleicht ist es - der 4.November wird es zeigen - doch noch zu früh für den ersten schwarzen US-Präsidenten.