Costa Concordia: Der Kapitän und die anderen Schuldigen

Das Unglück der „Costa Concordia“ wirft viele Fragen auf

Als Ursachen für tragische Ereignisse kommen höhere Gewalt, technisches oder menschliches Versagen in Betracht. Im Fall des Untergangs der „Costa Concordia“ vor Italiens Küste scheint die Sachlage klar zu sein. Sehr vieles spricht dafür, dass ein leichtfertiger Kapitän das Unglück herbeigeführt hat und sich aus dem Staub gemacht hat, als er am dringendsten gebraucht wurde.

Ja, der Schuldige scheint überführt zu sein. Den Rest regeln Gerichte und Versicherungen. Ein Happy End wird diese Geschichte dennoch nicht haben. Weder Urteile noch Geld lindern den Schmerz der Menschen, die einen Angehörigen verloren haben. Bei den geretteten Passagieren verschwinden die furchtbaren Bilder und die Todesangst sehr wahrscheinlich nie mehr.

Schon aus diesen Gründen verbietet es sich, so ohne weiteres zur Tagesordnung überzugehen. Die Havarie der „Costa Concordia“ wirft Fragen auf, die bisher weder Polizei noch Justiz beantworten können. Was etwa hat den Kapitän in der trügerischen Sicherheit gewiegt, sein Riesenschiff beinahe in Postkartenbreite an der Küste entlang zu fahren? Warum war die Mannschaft offenbar nicht so auf den Katastrophenfall vorbereitet, wie es sein muss, wenn wenige Dutzend Profis sich um das Wohlergehen von mehr als 4000 Passagieren zu kümmern haben?

Die Antwort ist so einfach wie bitter: Routine und mangelnder Respekt vor den Aufgaben, die der Arbeitsalltag stellt. All das führt reflexartig zur Vorverurteilung des Kapitäns. Der sitzt mittlerweile in Untersuchungshaft und wird aller Voraussicht nach zur Verantwortung gezogen.

Die ganze Schuld allein auf diesen einen Mann abzuladen, greift jedoch zu kurz. Die Reederei muss sich fragen, ob sie bei Auswahl, Schulung und Kontrolle ihres Personals immer alles richtig gemacht hat. Die Kreuzfahrt-Branche könnte das Unglück als Anlass zum Nachdenken darüber nehmen, ob Schiffe wirklich immer größer werden müssen. Wie lange es dauert, 4200 Passagiere von einem Dampfer zu retten, hat der Fall „Costa Concordia“ beängstigend gezeigt. Ihr Erfolg sei den Unternehmen gewünscht und gegönnt. Aber auch für den Profit muss nicht alles gemacht werden, was technisch machbar ist.