Der Welt läuft die Zeit davon
Die Vorhersage sieht nicht gut aus: Heute kommen Vertreter aus 192 Nationen zusammen, um das Unheil abzuwenden, das mit der zunehmenden Erderwärmung droht. Doch das Klima im Verhandlungssaal dürfte rau werden: Die Chancen für ein faires Abkommen stehen schlecht, und die Anstrengungen reichen schlichtweg nicht, um das Schlimmste zu verhindern.
Während die kleinen Inselstaaten in der Südsee buchstäblich abzusaufen drohen, glauben die Industrieländer offenbar immer noch, man könne das Problem Klimawandel der Nachwelt hinterlassen. Doch die Zeit läuft uns davon. Wenn alles gut gehen soll, muss der weltweite Ausstoß von Treibhausgasen sinken, und zwar sofort.
Das Zaudern ist fatal: Erreichen die weltweiten Kohlendioxid-Emissionen erst viel später ihren Höhepunkt, müssen die Menschen noch größere Wunder vollbringen, denn jedes Jahr Verzögerung verlangt eine stärkere jährliche CO2-Minderung. Die Kosten des Klimawandels werden in Zukunft kaum noch zu schultern sein; von den Gefahren ganz zu schweigen. Es wird also nicht mehr reichen, lediglich ein Signal des guten Willens in die Welt zu senden. Wir brauchen verbindliche Verpflichtungen aller Teilnehmer, die Erderwärmung auf höchstens zwei Grad zu begrenzen. Wir brauchen ebenfalls verbindliche Zusagen, wie dieses Ziel erreicht werden soll.
Dabei sind die Industrieländer besonders gefordert. Sie haben ihren Wohlstand in den vergangenen Jahren ohne Rücksicht auf klimaschädliche Emissionen erarbeitet. Sie haben eine Bringschuld, weil sie die größten Verschmutzer auf dieser Erde sind. Deshalb müssen sie - trotz Wirtschaftskrise - den ärmeren Staaten helfen. Am Ende ist das auch im eigenen Interesse, schließlich sitzen wir alle im selben Boot.
Es ist zwar ein gutes Signal, dass nun auch US-Präsident Barack Obama in der entscheidenden Verhandlungsphase in Kopenhagen dabei sein will. Allzu große Sprünge sind aber von den Amerikanern nicht zu erwarten; sie wären wohl kaum politisch durchzusetzen. Das sollte die Europäer aber nicht daran hindern, die Messlatte hoch zu legen. Am Ende muss ein ehrgeiziger Klima-Vertrag stehen, nicht weniger. Alles andere wäre eine Niederlage. Und eine Katastrophe für die Welt.