Meinung Eltern und die Zeugnisnoten: Unerträgliche Zustände

Meinung · Vielleicht ist das ein Grund, weshalb die Kinder ihre Zeugnisnoten immer öfter schon zwei, drei Wochen vor den Zeugnissen mitgeteilt bekommen: Die Lehrer wollen vielleicht mal austesten, wie die 4 in Mathe denn so ankommt, ob es dann Proteste gibt, weniger von den Schülern, sondern von deren Eltern.

Ein Kommentar von Olaf Kupfer.

Foto: ja/Sergej Lepke

Dann kann man vielleicht nochmal reden – und nicht in die Falle laufen, dass man am Ende mit dem Anwalt über ein Rechtsverfahren reden muss.

So weit ist es gekommen in unserer Gesellschaft, in der alle zu allem mitreden können, weil alle glauben, über alles Bescheid zu wissen. Und das wirklich Schlimme daran: Immer öfter werden jene Eltern, die mit der geballten Faust oder dem Anwalt in die Schule zur Notenabnahme kommen, von den Schulleitern auch noch gedeckt. Und jene Lehrer lassen verschüchtert ihr Notenheftchen wieder in die Tasche sinken, denen eben nicht nur die Eltern, sondern auch der eigene Vorgesetzte im Angesicht der elterlichen Protestwelle die Hölle heiß macht. Dann werden Förderpläne hinterfragt, Bewertungsmaßstäbe von Klausuren neu verlegt und am Ende womöglich aus der 4 eine 2. Ob das wirklich so weitergehen sollte?

Nein. Denn der Gesellschaftsvertrag, in der Kinder der Schule übergeben werden, um sie fit für die Gesellschaft zu machen, gründet auch auf einiges Vertrauen darin, dass die Lehrer ihren Job gewissenhaft und nach bestem Gewissen erledigen. Und dass auch mal kleine Fehler in der Bewertung dazugehören, wie sie daheim wahrscheinlich tagtäglich und viel öfter passieren, ohne dass der Scharfrichter an den Eltern sogleich sein Urteil vollstreckte. Und: Ohnehin darf man es Kindern und Schülern zutrauen, Konflikte mit dem Lehrer auch mal auszuhalten oder – noch besser – selbstverantwortlich auszutragen. Sie werden daran wachsen. Viel mehr, als es jede unter Druck bereinigte Zensur jemals ausdrücken könnte.