Meinung Es reicht nicht, eine neue Rheinbrücke zu bauen
Die neue Rheinbrücke bei Leverkusen kann kommen. Das klingt wie eine gute Nachricht, und das ist es auch. Jedenfalls für alle, die auf dem chronisch überlasteten Kölner Autobahnring unterwegs sind.
Das Bundesverwaltungsgericht hat die Arbeit der Planer ohne Wenn und Aber für gut befunden. Wenn jetzt alles glatt läuft, wird die neue, dann achtspurige Rheinquerung Ende 2023 fertig sein. Alles bestens also? Aus Sicht der Gegner des Projektes sicher nicht. Sie wollten einen Tunnel zwischen der Anschlussstelle Köln-Niehl und dem Kreuz Leverkusen sowie eine Ersatzbrücke. Dieser Weg hätte eine Milliarde Euro mehr als die jetzige Lösung gekostet und die Umsetzung um einige Jahre verlängert. Der Politik wird vorgeworfen, die Tunnel-Variante deshalb nie ernsthaft erwogen zu haben. Aber warum hätte sie das tun sollen? Die Vorteile der jetzigen Lösung liegen klar auf der Hand.
Schwieriger fällt die Bewertung der Umweltrisiken unter der Brücke. Vorgesehen ist, die Pfeiler der neuen Brücke auf dem Gelände der Giftmülldeponie Dhünnaue zu errichten. Dort hat der Chemiekonzern Bayer einst seine Abfälle entsorgt. Und dieses Giftgrab wird jetzt geöffnet. Eine Erdschicht von 2,70 Meter Tiefe, die rund 90 000 Kubikmeter der zum Teil toxischen Abfälle birgt, soll abgetragen werden. Die Gegner des Projektes fordern, die gesamte Deponie auszukoffern. Ihr Argument: Der organische Teil des Mülls zersetzt sich, das Volumen nimmt ab, Boden-Absenkungen sind wahrscheinlich. Die Planer halten dieses Setzungsrisiko für beherrschbar, das Bundesverwaltungsgericht folgt dieser Einschätzung. Hoffentlich haben sie recht.
Dass die Rheinbrücke jetzt gebaut werden darf, passt der neuen Landesregierung natürlich prima ins Konzept. Schwarz-Gelb wurde auch wegen des Versprechens gewählt, den Dauerstau in NRW zu beseitigen. Dabei wissen eigentlich alle: So schnell, wie der Verkehr wächst, lassen sich Straßen, Schienen und Wasserwege gar nicht ausbauen. Nachhaltig lösen lässt sich das Problem nur, wenn der Preis für Transporte zunimmt. Die Industrie hat ihre Lagerhaltung mehr oder weniger abgeschafft und verstopft die Verkehrswege. Weil das so billig ist. Und wir Verbraucher bestellen allzu gerne im Internet. Dass jeder Klick einen Transport auslöst und damit zum Stau beiträgt, vergessen wir gerne. Drastisch erhöhte Maut-Gebühren für Lkw wären ein erster Schritt, um die Straßen zu entlasten.