Fehlender Kurs, mangelnde Solidarität
Die EU sucht nach einem Weg aus der Finanzkrise.
Der Gesamtschaden der Welt-Finanzkrise ist derzeit noch nicht annähernd zu überblicken. Aber spätestens seit dem vergangenen Wochenende kann man feststellen: Zu denen, die in Mitleidenschaft gezogen werden, gehört auch Europa - nicht nur als Region und Standort, sondern auch als Organisation, die den Standort zu schützen hat.
Dabei gibt die EU trotz der Fanfarenstöße, die sie jetzt in eigener Sache anstimmt, kein gutes Bild ab - schlingernd im Kurs, vage in der Solidarität, inkompetent in der Kommunikation. Erst lassen die Iren eine surreale Sparbuch-Garantie vom Stapel, die auf den Versuch herausläuft, aus der allgemeinen Verunsicherung noch Profit zu schlagen.
Andere bringen per Flurfunk die Idee eines europäischen Stützfonds in Umlauf, die prompt von den Partnern als Humbug unmöglich gemacht wird. Frankreich lädt hastig zu einem Kleingruppen-Event, den selbst Eingeladene als Aktionismus verspötteln. Deutschland verdammt den irischen Alleingang, nur um gleich darauf auf dieselbe Überholspur einzuschwenken.
Das alles ist umso unerfreulicher, als es sich in einer vermeintlichen europäischen Stärkezone abspielt. Die Abstimmungsschwäche im Finanzsektor kommt als unangenehme Überraschung. Hier ging man breitbeinig, hier war man stolz, hier fühlte man sich berechtigt, über die unsoliden Amerikaner den Kopf zu schütteln. Nun dämmert die Erkenntnis: Wir sind Nachbarn im Glashaus.
Gerupft stehen auch die zuletzt gerühmten Führungsfiguren da: Angela Merkels Wende lässt den Verdacht zurück, dass auch sie nicht mehr genau weiß, wo es lang geht. Frankreichs Supermacher Sarkozy hat mit seinem Krisengipfelchen Erwartungen geweckt, aber nicht erfüllt.
Dabei gilt die eigentliche Enttäuschung gar nicht so sehr den jeweils ergriffenen nationalen Maßnahmen, die von außen schwer zu beurteilen sind. Die Enttäuschung liegt im Fehlen eines europäischen Mehrwerts bei der Krisenbewältigung.
Das Übel erfasst erkennbar alle, aber jeder sucht ihm auf eigene Faust zu entwischen. Das hinterlässt einen Vertrauensschaden: Selbst wenn die Sache einigermaßen glimpflich ausgeht, wird das ohnehin mickrige politische Rating der EU weiter leiden.