Meinung Flüchtlingspakt mit der Türkei: Eine Atempause

Die Balkanroute ist geschlossen. Das bekommen die Kommunen und die Helfer in zahlreichen Erstaufnahmeeinrichtungen nun zu spüren. Es gibt für sie im Moment nicht viel zu tun, weil kaum noch Flüchtlinge in Deutschland ankommen.

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Eine Atempause. Mehr ist das nicht.

Denn die Situation wird so nicht bleiben. Wenn die Vereinbarungen zwischen Europäischer Union und Türkei tatsächlich erfolgreich umgesetzt sein werden, werden die Zahlen der Hilfesuchenden in Deutschland wieder ansteigen. Womöglich umso mehr, weil die meisten EU-Mitgliedstaaten sich gegen bindende Quoten erfolgreich gewehrt haben und das Prinzip der Freiwilligkeit bei der Migrantenaufnahme durchsetzen konnten.

Im Umkehrschluss könnte dies also bedeuten: Deutschland wird sich bei der Verteilung von Flüchtlingen stärker einbringen müssen als bislang gedacht. Zumindest legen die Erfahrungen der letzten Monate den Rückschluss nahe, dass die EU-Granden zwar gerne für freundliche Bilder Flüchtlinge am Flughafen verabschieden. Aber von einem gerechten Umgang in Europa mit den Asylsuchenden ist man seit Beginn der Krise weit entfernt gewesen. Die zuerst gefassten Beschlüsse waren sogar zu einem großen Teil das Papier nicht wert, auf dem sie gestanden sind.

Aber so muss es diesmal nicht kommen. Denn auf der anderen Seite scheint doch innerhalb der EU langsam das Bewusstsein zurückzukehren, dass es für Europa um mehr geht als um die Lösung der Flüchtlingskrise. Die Gemeinschaft als solches steht auf dem Spiel, und damit auch alle ökonomischen wie finanziellen Vorteile, die vor allem die Länder in Osteuropa genießen.

Das ist dort dem einen oder anderen offenbarer klarer geworden. Grund zur Euphorie besteht aber nicht. In Europa mahlen die Mühlen langsam. Insofern gilt es nun abzuwarten, wie ernsthaft der EU-Türkei-Plan auch umgesetzt wird. Nach zwei Tagen, in denen der Pakt jetzt in Kraft ist, hat man den Eindruck, dass alle Beteiligten unbedingt einen Erfolg wollen.

Die Bundesregierung setzt diesbezüglich sowieso alles auf eine Karte. Richtig ist, dass der innenpolitische Druck auf Kanzlerin Merkel ein wenig zurückgegangen ist. Kaum noch Flüchtlinge kommen in Deutschland an. Und die europäische Lösung, die Merkel immer propagiert hat, ist erst einmal da. Ihre Getreuen bejubeln den Gipfel-Kompromiss deshalb auch als Erfolg von Merkels Hartnäckigkeit. Das kann man nicht ernsthaft bestreiten. Merkel ist ihrer Linie treu geblieben. So wie CSU-Chef Horst Seehofer seiner auch - er tritt auf die Bremse.

Der bayerische Ministerpräsident weiß, dass die derzeitige Atempause erstens nicht von Dauer sein wird, zweitens die Tragfähigkeit der Gipfelbeschlüsse sich noch erweisen muss. Seehofer muss zudem kritisch bleiben. Er kann jetzt nicht zum Kanzlerinnen-Freund mutieren. Wer wie er in den letzten Wochen so massiv gegen Merkel zu Felde gezogen ist, würde so die eigene Glaubwürdigkeit untergraben.