Groscheks Plan zur Neuaufstellung, mit dem er sich am 10. Juni in Duisburg um den Vorsitz des Landesverbandes bemüht, liest sich weder wie ein Schnellschuss noch wie das Notprogramm eines Übergangsvorsitzenden, der bloß irgendwie die Zeit bis zur Bundestagswahl überstehen muss. Groscheks Plan, der frei von dem Verdacht ist, er sei von persönlichen Karriere-Ambitionen getrieben, hat viel Potenzial und blickt mit Entwicklungszielen bis zur Kommunalwahl 2020 weit über den Tellerrand der aktuellen Niederlage.
In dem fünfseitigen Papier steckt so viel Zukunft, dass sich die Frage aufdrängt: Warum nicht schon lange vor der komplett vergeigten Wahl und der inzwischen von den meisten Akteuren als falsch erkannten Kampagne?
Die zweite Frage lautet: Hätte die SPD sich eine solche dringend nötige und seit Jahren überfällige Diskussion zur Runderneuerung auch zugetraut, wenn sie als Partei und Hannelore Kraft als Person die Wahl nicht verloren hätte?
Keine Frage: Niemand in der SPD wird sich aus lauter Dankbarkeit für Groscheks Plan nachträglich darüber freuen, die wichtigste Landtagswahl des Jahres verloren zu haben. Was der Partei auf dieser Grundlage aber wirklich gelingen kann, ist die grundlegende, zukunftsfähige Neuaufstellung — unter Einbindung von mehr als 4500 neuen Mitgliedern, die überwiegend jung und politikwillig sind. Dieser Prozess ist in seinem Ergebnis auch nicht davon abhängig, welches Ergebnis die SPD bei der Bundestagswahl einfährt.
Das einzige Problem, das Groschek mit Martin Schulz als Kanzlerkandidat teilt, ist: Ihm fehlt die parlamentarische Bühne. Da Groschek nach seiner Entlassung als Landesminister kein Landtagsmandat hat, muss er sich beständig eigene Anlässe der inner- und außerparteilichen Öffentlichkeit schaffen. Im Gegensatz zu seiner Vorgängerin bringt er die Voraussetzung dafür mit, Kultur, Kunst und Medien als bislang von der SPD eher vernachlässigte Plattformen zu nutzen.