Gute Entscheidung, zweifelhafte Motive
Düsseldorf. Der Bundesrat als Hort der Bürgerrechte - und an der Spitze jene FDP, für die Liberalismus lange nicht mehr war als Wirtschaftsliberalismus? Wie dem auch sei: Dass die Länderkammer das BKA-Gesetz erst einmal gestoppt hat, ist erfreulich.
Sie hat damit Späh-, Lausch- und Online-Angriffe abgewehrt, die in der geplanten Form wichtige Grundrechte ausgehebelt hätten.
Dass das Bundeskriminalamt im Zweifel selbst entscheiden sollte, wann durchsuchte Computerdateien derart private Inhalte zu Tage fördern, dass ein Richter eingeschaltet werden muss, ist absurd. Da könnte man notorische Raser künftig auch selbst entscheiden lassen, von welcher Geschwindigkeit an ihre Fahrweise derart gefährlich wird, dass die Polizei Radarfallen aufstellen muss. Außerdem sah das Gesetz Einschnitte beim Zeugnisverweigerungsrecht vor. Ärzte und Anwälte wären benachteiligt worden; Journalisten könnten Informanten nicht mehr ausreichend schützen. Die Pressefreiheit und damit die Demokratie würden Schaden nehmen.
All dies liegt nun auf Eis. Die Länder wollen zwar ein BKA-Gesetz. Sie wollen, dass die Bundespolizei präventiv tätig wird und nicht - wie zurzeit - erst dann ermitteln darf, wenn eine Straftat schon begangen wurde. Aber sie wollen das Gesetz in abgespeckter Form: Das Zeugnisverweigerungsrecht soll voll erhalten bleiben; vor Online-Durchsuchungen soll immer erst ein Richter gefragt werden; und die Länder wollen, dass das BKA den Landeskriminalämtern keine Kompetenzen wegnimmt.
Letzteres ist der springende Punkt. Nicht die durchlöcherten Bürgerrechte ließen den Bundesrat rebellieren. Es war der drohende Machtverlust der Länder.
Und die FDP? Mit der Regierungsbeteiligung in Bayern ist ihr Einfluss in der Länderkammer gewachsen. Endlich kann sie wieder die Muskeln spielen lassen. Das ist besonders schön bei NRW-Innenminister Ingo Wolf zu beobachten. Mit Verve hat er gegen das BKA-Gesetz und für die Freiheit unschuldiger Bürger gekämpft, so dass sich das Land im Bundesrat enthalten musste. Wie glaubwürdig das ist, steht freilich auf einem anderen Blatt. Noch im Frühjahr hatte Wolf vor dem Verfassungsgericht für sein NRW-Gesetz gekämpft. Es sah, wenn auch nach höheren Hürden, Onlinedurchsuchungen vor.