Im Kriegsfall hilft Milchpulver wenig
Die Kappung der Lebensmittel-Notreserven steht bevor
Während in Syrien und rund um den Gaza-Streifen Kriege ausbrechen, tickt die Politik in Deutschland anders. Sie streicht Gelder für Lebensmittel-Notvorräte, die die Bevölkerung im Krisenfall am Leben halten sollen.
Ein Schrei der Empörung wird dennoch nicht durch Deutschland hallen. Schon allein deshalb, weil bislang nur wenige überhaupt etwas von den fast 150 Lagern im Lande wussten, in denen Nahrungsmittel gebunkert werden. Diese kosten viel Geld, vor allem müssen auch lang haltbare Lebensmittel kontinuierlich überprüft und ersetzt werden. Insofern ist es richtig, die ganze Angelegenheit in Frage zu stellen.
In Zeiten des Kalten Krieges mag solch eine Lagerhaltung sinnvoll gewesen sein. Heute nicht. Allein die gut gemeinte Idee, im Ernstfall dank einiger Tüten Getreide dem Hungertod zu entkommen, dürfte daran scheitern, dass heute die wenigsten wissen, wie man Brot backt.
Wenn Nahrungsmittel knapp werden, brauchen sie Fertiggerichte. Der Wandel in unserer Gesellschaft, in der zwar Kochsendungen im Fernsehen Spitzenquoten erreichen, aber immer weniger Menschen Geduld und Kenntnisse besitzen, um etwa ein leckeres Schmorfleisch zuzubereiten, zeigt auch hier Wirkung.
Vor allem erreichen moderne Konflikte Dimensionen, angesichts derer sich ein Säckchen Getreide, ein Päckchen Milchpulver oder ein paar Linsen lächerlich ausmachen. Auseinandersetzungen spielen sich technisch auf anderen Ebenen ab.
Bei biologischen, chemischen oder atomaren Waffen helfen einem die Konzepte von vor 40 oder 50 Jahren nicht mehr weiter. Wenn Vorsorge, dann muss diese von der technischen Entwicklung her schon auf demselben Stand wie das Gefahrenpotenzial sein.
Grundsätzlich ist die Abschaffung der Notvorräte jedoch ein gutes Signal. Zumindest in Mitteleuropa leben wir in einer sehr friedlichen Welt. Wer jünger als 70 Jahre ist, hat bewusst kaum mehr einen Krieg erlebt, kann sich höchstens noch an Ruinen und Versehrte in der Aufbauzeit erinnern. Solch lange Friedensperioden sind in der Geschichte selten und ein Grund für Dankbarkeit. Und bei allem Unwillen, den die EU-Politik immer wieder auslöst: Diesen Frieden verdanken wir auch der Europäischen Union als stabilisierendem Element.