Meinung Koalition kippt die Störerhaftung: Ein digitaler Schub

Man kann der Koalition nur gratulieren, dass sie endlich dafür sorgt, dass Deutschland den digitalen Irrweg der Störerhaftung verlässt. Lang genug hat's gedauert. Weil alle Warnungen von Experten, von Bundesrat und von europäischer Ebene in den Wind geschlagen wurden, hat das Land bei öffentlichen Netzen bisher weitgehend hinter dem Mond gelebt.

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Nun wird das frei zugängliche WLAN für alle hoffentlich möglich.

Klar doch, auch im Internet tummeln sich nicht nur freundliche Zeitgenossen. Aber auch die jetzige Koalition, die sich so gerne die Digitalisierung der Republik auf die Fahnen schreibt, hat die Nutzung des Netzes bislang vor allem auf die Gefahren reduziert und die User unter Generalverdacht gestellt. Da sind andere Länder wie Großbritannien oder selbst Griechenland weiter. Überall online gehen zu können, ohne Hindernisse, ist dort längst eine Selbstverständlichkeit.

Denn offene Netze bedeuten Freiheit und ökonomischen Gewinn, vor allem auch demokratische Teilhabe. Die Störerhaftung, wonach ein Anschlussinhaber eines Internetzugangs - Hotels, Cafés, Privatpersonen - haftet, wenn andere über dessen Anschluss Rechtsverletzungen begehen, hat hingegen das Gegenteil bewirkt. Sie hat ausgegrenzt und blockiert. In Deutschland gibt es deshalb kaum frei zugängliche Hotspots. Gerade aus Angst vor der mächtigen Urheberlobby und der immer noch zu wenig regulierten Abmahnindustrie. Und in jedem Mehrfamilienhaus hat fast jeder seinen eigenen Router, anstatt einige wenige kostensparend zu teilen.

Jetzt könnte Deutschland insbesondere in den Städten und den touristischen Regionen tatsächlich den dringend notwendigen, digitalen Schub erleben, weil dem schnellen Ausbau öffentlich verfügbarer Netze bald nichts mehr im Wege steht. Besser spät, als nie.