Meinung Lehrstück über defizitäre Einwanderungspolitik

Ein 15-jähriges Mädchen mit dem Zeug zum Abitur wird eines Morgens unversehens von Polizisten aus dem Unterricht gezerrt, damit sie gemeinsam mit ihren Eltern den nächsten Abschiebeflug nach Nepal nehmen möge.

In Deutschland geboren, soll sie nun fernab von ihren Freunden fortan ihr Dasein in einem Land fristen, dessen Sprache sie nicht spricht und dessen Kultur und Gesellschaftsordnung ihr vollkommen fremd sind. Mögen Bivsis Eltern angesichts der Tatsache, dass sie über Jahre hinweg ihre Identität gegenüber den Behörden verschleiert haben, Fehler gemacht haben (auch wenn die Gründe hierfür aus menschlicher Sicht nachvollziehbar sind), es kann nicht im Sinne des Rechtsstaats sein, dass ein Kind dafür die Zeche zahlen soll.

Zu Recht regte sich deshalb breiter Protest in der Bevölkerung. Reflexartig wird allerdings im gleichen Atemzug auf die Behörden geschimpft, die angeblichen Schreibtischtäter und Paragrafenreiter, die ungeachtet der menschlichen Schicksale hinter ihren Entscheidungen eiskalt ihren Stempel auf den Abschiebebescheid drücken. Diesem Vorwurf musste die Stadt Duisburg in den vergangenen Wochen wohl häufig begegnen.

Wer so argumentiert, macht es sich einfach. Denn die Abschiebung war rechtmäßig. Zwar wird es für die Öffentlichkeit weiterhin offene Fragen geben, da aus Datenschutzgründen die Akten verschlossen bleiben. Doch kann die Stadt Duisburg glaubhaft versichern, dass es einen Ermessensspielraum für sie faktisch nicht gab — dies bestätige ein höchstinstanzliches Urteil. Ganz davon zu schweigen, dass es zahllose ähnlich gelagerte Fälle gibt, in denen die Betroffenen nicht so eine große Lobby besitzen.

Dass die in Deutschland geborene Bivsi auf dem Papier nun als „Austauschschülerin“ nach Deutschland zurückkehren darf, muss als Verlegenheitslösung bezeichnet werden. Sie offenbart die ganze Hilflosigkeit der Behörden, für den Verbleib der Familie in Deutschland ein rechtssicheres Fundament zu schaffen.

Somit ist der Fall Bivsi ein Lehrstück über Defizite in der Einwanderungspolitik, nach der gut integrierte Bürger des Landes verwiesen werden, während verurteilte Straftäter (in Bayern hatte kürzlich ein Asylbewerber einen Fünfjährigen erstochen) nicht abgeschoben werden können. Deshalb brauchen wir Altfallregelungen und schnellere Verfahren, damit am Ende das Gesetz den Menschen dient. Und nicht umgekehrt.