Meinung Montenegro — Abwarten wäre klüger gewesen
War die Nato berechtigt, Montenegro einzuladen, das 29. Mitglied des Militärbündnisses zu werden? Ohne Zweifel ja. Die Regierung des Zwergstaates selbst hat ihr Interesse daran bekundet. Unabhängig davon kann die Nato einladen, wen sie will; es erwächst daraus keine Pflicht zur Mitgliedschaft.
Russland auf der anderen Seite hat kein Recht, einen fremden Staat zu bevormunden. Russland könnte ja selbst auch andere Staaten einladen, mit ihm ein Bündnis zu bilden, doch wird dem kaum jemand folgen. Jeder mögliche Interessent hat in Georgien und der Ukraine gesehen, wie rücksichtslos Moskau gegen schwächere Nachbarn vorgeht, sie bevormundet und ihnen Land raubt.
War es richtig, Montenegro einzuladen? Das ist fraglich. Denn die Nato ist ein Bündnis von Demokratien, das sich gemeinsamen Werten verpflichtet fühlt. Wenn auch nicht alle, siehe Türkei, lupenreine Demokratien sind. Montenegro ist stark von Oligarchen dominiert, inklusive dazu gehörender Korruption. Es ist allenfalls eine Demokratie im Aufbruch.
Grundsätzlich ist es zwar richtig, die unruhigen Balkan-Staaten in die westlichen Bündnisse zu ziehen. Nur so können sie den politischen Nationalismus und ihre wirtschaftliche und gesellschaftliche Rückständigkeit überwinden. Geschieht das jedoch zu schnell, holt sich zum einen die Nato selbst Konflikte von „unreifen“ Mitgliedern ins Boot. Zum anderen befördert ein solcher Schritt Konflikte in den betreffenden Ländern.
In Montenegro ist die Bevölkerung in der Nato-Frage tief gespalten. Das gilt auch für die Ukraine und Moldawien, mit Abstrichen für Georgien. Für eine schnelle Entscheidung spricht im Fall Montenegros nur, dass es Kreml-Strategie ist, solche „kippenden“ Länder zu destabilisieren.
War die Entscheidung der Nato zu diesem Zeitpunkt klug? Das gewiss nicht. Es gibt genug Konflikte mit Russland, da braucht man nicht noch einen weiteren. Zudem braucht man Moskau, um das drängendste Problem, Syrien, irgendwie zu lösen. Man hätte in dieser Lage besser alles unterlassen, was das Verhältnis weiter belastet. Im Fall des militärisch unbedeutsamen Montenegro wäre Abwarten klüger gewesen. Dort ist Hilfe beim Aufbau demokratischer Strukturen und der Wirtschaft zurzeit wichtiger als eine sicherheitspolitische Richtungsentscheidung.