Meinung Stau — und die Schuldfrage
Schlechte Zahlen für NRW sind gute Zahlen für die Opposition — weil sie die Regierung dafür verantwortlich machen kann. Das war so bei den Zahlen zum Null-Wachstum. Und das ist so beim unrühmlichen ersten Platz, den das Land im Vergleich der Autobahnstaus einnimmt.
Die Verteidigungslinie von SPD-Verkehrsminister Groschek mutet angesichts der doch eindeutigen Werte streckenweise schon absurd an. Oder so, als wolle er sich selbstironisch auf die Schippe nehmen, wenn er darauf hinweist, wie viele Nachtbaustellen das Land doch habe, und dass andere hinsichtlich des Baustellenmanagements sogar ausdrücklich nachfragten: Wie macht ihr das? Als gäbe es die täglichen Staumeldungen nicht, lobt er sich und seine zahlreichen Maßnahmen. Nur: Wann greifen die?
Der Opposition vorzuwerfen — wie es Redner von Rot-Grün im Landtag taten —, die Union verhalte sich populistisch, weil sie das Thema mit ähnlicher Stoßrichtung schon früher präsentiert habe, ist auch eher armselig. Gerade wenn sich nichts ändert, wenn sich die Situation sogar noch verschlechtert, ist es geboten, einen Missstand erneut auf die Tagesordnung zu bringen.
Natürlich hat der Minister recht, wenn er darauf hinweist, dass die Probleme mit Versäumnissen der Vergangenheit und Fehlern früherer Regierungen zusammenhängen. Da wurde bei der Brücken- und Straßensanierung auf Verschleiß gefahren. Eben das kostet jetzt das Geld des Steuerzahlers und die Zeit derer, die Tag für Tag im Stau stehen.
Im Stau stehen? Das klingt so, als sei man Opfer einer Naturgewalt oder böser Mächte in Gestalt von Verkehrspolitikern. Doch ein jeder prüfe sich, ob er nicht auch selbst mitverantwortlich ist, wenn er fluchend in der Blechschlange steht, statt eine Alternative — die Bahn — zu wählen. Eine kluge, auf eine Autobahnbrücke gesprayte Weisheit besagt zu Recht: Ihr steht nicht im Stau, ihr seid der Stau.