Meinung Unfreiwillig vom alten Eisen zum eisernen Alten
Gestern zählten sie noch zum alten Eisen, heute sind sie die eisernen Alten. Das kann man durchaus anerkennend meinen und aus diesem Blickwinkel dann auch die Ergebnisse einer Studie des Deutschen Zentrums für Altersfragen interpretieren.
Auch Familienministerin Manuela Schwesig deutet die Ergebnisse der Befragung von Tausenden Menschen im fortgeschrittenen Alter positiv: Die zweite Lebenshälfte sei vielfältig, sagt sie. Und das Bild vom Alter wandle sich zum Positiven.
Es gibt ja auch wirklich positive Anzeichen — wenn etwa mehr Menschen noch im höheren Alter Sport treiben. Oder wenn sie in steigender Zahl nach dem offiziellen Renteneintritt noch in der Lage sind zu arbeiten. Doch eben das ist freilich noch lange kein Beweis dafür, dass es ihnen gut geht. Sondern es kann auch damit zusammenhängen, dass sie mit dem Alterseinkommen nicht über die Runden kommen.
Woran das liegen mag, zeigt eine andere Zahl aus dem Report, die, weil sie eine Steigerung bedeutet, zunächst einmal positiv klingt, im Ergebnis aber doch erschreckend ist. Die Quote der Arbeitnehmer, die bis zum Alter von 65 Jahren berufstätig bleiben, lag 2008 noch bei 27,7 Prozent und stieg 2014 auf 38,8 Prozent. Eine Erfolgsgeschichte also? Keineswegs. In Zeiten, in denen schon darüber gesprochen wird, dass selbst das auf 67 Jahre angehobene Rentenalter weiter steigen soll, schaffen es nicht einmal 40 Prozent, bis 65 im Job zu bleiben. Sie und erst recht diejenigen, die nicht unter Sonderregeln wie „Rente mit 63“ fallen, müssen Einbußen beim Altersruhegeld hinnehmen. Einbußen, die mit jedem weiteren Anheben des Renteneintrittsalters steigen werden. Höheres Renteneintrittsalter bedeutet nämlich nicht, dass die Menschen automatisch länger in Beschäftigung sind, sondern dass faktisch ihre Rente gekürzt wird. Das können auch Modelle privater Altersvorsorge nicht ausgleichen, in deren Töpfe viele Menschen gar nicht einzahlen.
Manch einem mag das egal sein, weil er andere Einkommensquellen oder Vermögen hat. Doch bei anderen, deren Ausscheiden aus dem Arbeitsprozess vor Erreichen der Altersgrenze ganz und gar nicht freiwillig erfolgt und deren Erwerbsbiografie gar nicht positiv verlaufen konnte (Beispiel Alleinerziehende), wird eben dies zu finanziellen Notlagen führen. Da dient der Rentnerjob eben nicht der Selbstverwirklichung, sondern ist purer Not geschuldet.