Der Düsseldorfer Kunstmarkt im Umbruch Keine Angst vor dem Steuersatz

Düsseldorf · 2024 war ein Jahr der großen Krisen. Das hat auch die Branche gespürt. So schätzen Düsseldorfs wichtige Galeristen die Lage ein.

Die Brüder Samandar (l.) und Elman Setareh in ihren Galerie-Räumen an der Königsallee vor Objekten von Dana Fiona Armour.

Foto: Bretz, Andreas (abr)

Galerien in Deutschland haben unter den hohen Steuersätzen stark gelitten, die ihnen die EU im Verbund mit den Länderfinanzministern seit 2014 aufgebrummt hat. Sie mussten im Vergleich zu den Benelux-Staaten, zu England und Frankreich für jede Transaktion eines Kunstwerks innerhalb Deutschlands 19 Prozent Mehrwertsteuer zahlen. Währenddessen umschiffte die Konkurrenz diese hohen Steuern, indem sie Galerien in Agenturen verwandelte oder wie Österreich die alte, niedrige Ermäßigung beibehielt. Nun darf ab Januar 2025 auch Deutschland seine Kunst für sieben Prozent Mehrwertsteuer verkaufen. Kann das den ohnehin angeschlagenen Kunstmarkt retten?

Nach Auskunft der Galeristin Iris Kadel an der Birkenstraße war es ein Jahr der großen Krisen auf der ganzen Welt. Das habe auch der Kunsthandel gespürt.

Der Düsseldorfer Kunsthandel wird vom Mittelstand getragen

Wer Probleme mit seiner Firma hat, den plagen andere Sorgen als die der Kunst. Aber unabhängig von der Weltpolitik sei der reduzierte Steuersatz längst überfällig, denn der internationale Handel hatte einen realen Vorteil gegenüber den deutschen Galeristen. Kadel sagt: „In Deutschland gehören die Kunstsammler vor allem zum Mittelstand. Und der spürt es sehr genau, ob er sieben oder neunzehn Prozent zu zahlen hat. Eine Rechnung, die zwölf Prozent billiger ist, ist für ihn sehr viel Geld.“ Nun hat die Galerie Kadel Willborn das große Glück, in Vivian Greven eine Künstlerin zu betreuen, die international gefragt ist. Ihr Spiel mit der Kunstgeschichte ist so souverän, dass die Sammler schon auf die Vernissage im Januar 2025 warten. Kadels Fazit: „Wenn man gut arbeitet, kommt man durch jede Krise.“

Alexander Sies, dessen Frau Nina Höke eine gute Spürnase für neue Talente hat, benutzt einen Begriff aus dem Sport, wenn er sagt, der reduzierte Steuersatz sei kein Game Changer, aber er werde sich auf alle Fälle positiv auswirken. Sies meint damit, dass der neue Steuersatz nicht mit einem neuen Stürmer zu vergleichen ist, der das Spiel umreißen wird. Seine These: „Wer gute Kunst anbietet, hat immer einen Markt.“ Er weiß aber auch, dass nach der Hochphase im Anschluss an Corona jetzt eine Beruhigung eingetreten ist. Dennoch: Das Jahr 2024 sei ein gutes Jahr gewesen. Seine Frau hatte soeben Justin de Verteuil entdeckt.

Auch Samandar Setareh, der Galerist von der Kö, setzt auf den angestammten Sammler, auf den man sich zumindest im Rheinland selbst in schwierigen Zeiten verlassen könne. Das gilt für Düsseldorf eher als für Berlin, wo Setareh ebenfalls einen Sitz hat. Das Problem des Kunsthandels sieht er in den fehlenden Visionen der Menschen. Es überwiege die Angst als ängstliche Vorsicht angesichts einer schlechten Wirtschaft. Das führe dazu, dass nur eine gute Motivation die Fans überzeugen könne, Kunst zu kaufen.

Gil Bronner findet die aktuelle Situation so schlecht, dass es nur besser werden könne. So verbreitet er wider alle Trends Optimismus, wenn er sagt: „Die Stimmung ist in Düsseldorf noch verhältnismäßig gut. Es gibt genügend Leute, die bereit sind, für Kunst zu spenden. Die Anzahl der Stifter und Mäzene wachse vor allem im Kunstpalast enorm, die Geld für Kunst ausgeben. Wir brauchen mehr Optimismus.“

Der Düsseldorfer Kunsthandel wird vom Mittelstand getragen. Die Galeristen sind bodenständig, keine Heuschrecken, keine Finanzhaie. Die Auktionshäuser sind keine Spekulanten, die so sehr über ihre finanziellen Möglichkeiten leben, dass es zu Schulden in Milliarden-Höhe kommt. Die unzähligen Off-Räume, die Künstler führen und verantworten, sorgen für eine stete Zufuhr, sodass die Balance zwischen der Tradition, die sich gut vermarkten lässt, und der Avantgarde gewahrt wird.

So werden auch die kleinen und kleinsten Freunde der Kunst beim kommenden Rundgang vom 5. bis 9. Februar wieder Feuer fangen und auf Schnäppchenjagd gehen. Vielleicht erproben dabei die Anfänger unter den Besuchern ihre Fähigkeiten als Sammler, indem sie Neues entdecken. Sie brauchen keine Angst vor neuen oder alten Steuersätzen zu haben, denn Künstler hatten stets den niedrigen Steuersatz.

(H.M. w.g.)