Düsseldorfer Kinder- und Jugendtelefon „Es ist ein gutes Gefühl, Anteil zu nehmen“

Düsseldorf · Das Kinder- und Jugendtelefon bietet jungen Menschen ein kostenloses und anonymes Beratungsangebot. Der Kinderschutzbund sucht dafür dringend ehrenamtliche Berater. Ein Infoabend findet am Mittwoch statt.

Jana Hennecke arbeitet ehrenamtlich beim Kinderschutzbund. Sie berät junge Menschen, die wegen unterschiedlichster Sorgen anrufen: Ob Probleme in der Schule, Liebeskummer oder Streit mit den Eltern.

Foto: Bretz, Andreas (abr)

Seit über einem Jahr arbeitet die 18-jährige Jana ehrenamtlich beim Kinder- und Jugendtelefon (KJT) des Kinderschutzbundes Düsseldorf. Sie berät junge Menschen, die wegen unterschiedlichster Sorgen anrufen: Ob Probleme in der Schule, Liebeskummer oder Streit mit den Eltern. „Ich finde es toll, die Person zu sein, der sich die Leute anvertrauen“, erzählt Jana. „Es ergeben sich immer wieder schöne Gespräche auf Augenhöhe.“

Das Kinder-und Jugendtelefon in Düsseldorf ist Mitglied der Nummer gegen Kummer e.V., dem Dachverband des bundesweiten Netzwerkes Kinder- und Jugendtelefon. Derzeit gibt es 77 Standorte in ganz Deutschland, an denen über 2000 ausgebildete Ehrenamtler unter der Nummer 116111 Kinder und Jugendliche telefonisch beraten. Davon arbeiten insgesamt 35 ehrenamtliche Berater und Beraterinnen in Düsseldorf.

Einer, der schon lange dabei ist, ist Bernhard Müller-Hildebrand. Er telefoniert ehrenamtlich seit zehn Jahren als Berater für das KJT. Seit fünf Jahren ist er zudem als Koordinator für die Aus- und Fortbildung der Berater und Beraterinnen in Düsseldorf zuständig. „Man muss keine bestimmten Voraussetzungen mitbringen, aber man muss zuhören können“, so Müller-Hildebrand. „Das klingt einfach, ist aber gar nicht so einfach.“ Ihm zufolge gehe es weniger darum, Ratschläge zu erteilen, sondern in erster Linie ein offenes Ohr für die Sorgen und Probleme der Kinder und Jugendlichen mitzubringen.

Die Ausbildung zum Berater umfasst rund 70 Stunden

Wie sich die Ehrenamtler am Telefon richtig verhalten, lernen sie im Rahmen einer rund 70-stündigen Ausbildung. An insgesamt zwei Wochenenden, sechs Samstagen und drei Online-Übungsabenden werden die Ehrenamtler zu Beratern und Beraterinnen ausgebildet. Darüber hinaus beinhaltet die Ausbildung den Besuch von drei relevanten Einrichtungen, wie zum Beispiel dem Jugendamt oder einem Jugendzentrum, sowie drei Hospitationen bei erfahrenen Beratern. In der Ausbildung lernen die Teilnehmer unter anderem Techniken zur Gesprächsführung und Konfliktbewältigung kennen und wie sie mit relevanten Themen wie Gewalt, Mobbing, sexuellen Übergriffen oder Liebeskummer umgehen.

Als Jana ihre Ausbildung zur Beraterin absolvierte, war sie gerade einmal 16 Jahre alt. Auf die Erfahrungen, die sie dort machte, blickt sie positiv zurück: „Die Ausbildung war sehr qualifiziert und ich hatte eine tolle Gruppe.“ Es habe Rollenspiele und Gesprächssimulationen gegeben, um die Telefongespräche so real wie möglich durchzuspielen. „Die Ausbildung hat mir sehr geholfen“, sagt Jana. Am 18. Januar 2025 beginnt die nächste Ausbildungsrunde. Nähere Informationen gibt es bei einem unverbindlichen Infoabend am 30. Oktober im Beratungszentrum des Kinderschutzbundes.

Etwa zweimal im Monat geht Jana neben der Schule ihrem Ehrenamt nach. „Es ist interessant, mit Problemen konfrontiert zu werden, die ich von mir selbst und meinem Umfeld nicht kenne“, schildert die Schülerin. „Wenn ein Anrufer sich bedankt und sagt, das Gespräch hat geholfen, ist das ein schönes Gefühl.“ In der Regel übernimmt sie nach der Schule eine Drei-Stunden-Schicht am Nachmittag. Von Montag bis Freitag ist das KJT von 14 bis 20 Uhr erreichbar. Teilweise ist Jana aber auch samstags für „Jugendliche beraten Jugendliche“ (JBJ) im Dienst. Hier sprechen jeden Samstag von 14 bis 20 Uhr ausschließlich Jugendliche im Alter von 16 bis 27 Jahren mit den Anrufern. Dabei steht ihnen ein Back-up-Dienst zur Verfügung, über den sie sich bei Bedarf an erfahrene Kollegen und Kolleginnen wenden können.

Bei der Telefonberatung kommt es nämlich hin und wieder auch zu herausfordernden Gesprächen. „Als Beraterin hat man dann auch Sorge, nicht das Richtige gesagt zu haben“, schildert Jana. Für sie sei es beruhigend und zugleich auch besorgniserregend, nur für einen kurzen Moment in das Leben einer anderen Person zu treten. „Wir suchen dann gemeinsam nach Lösungen und dann verschwinde ich wieder aus dem Leben des Anrufers“, so Jana. „Man weiß eigentlich nie, wie es dann mit der Person weitergeht und ob es ihr gut geht.“

Relativ häufig werde das Kinder- und Jugendtelefon zudem auch für Scherzanrufe genutzt. Dann würden beispielsweise Pizzabestellungen aufgegeben oder ein Lied vorgesungen. Oder Probleme würden nur vorgetäuscht. „Wir spielen dann mit, um zu zeigen, wir sind da und wir helfen, auch wenn die Geschichte nicht stimmt“, erzählt Koordinator Müller-Hildebrand. Gelegentlich gebe es auch Anrufer, die den Beratern gegenüber ausfällig werden oder versuchen, die Telefonberatung für sexuelle Interesse ausnutzen.

Nichtsdestotrotz: Für Jana überwiegen die positiven Erfahrungen ihres Ehrenamts. „Es ist ein gutes Gefühl, Anteil zu nehmen an den Problemen der Menschen und fast schon auf freundschaftlicher Ebene gemeinsam nach Lösungen zu suchen.“ Ihr Ehrenamt aufgeben möchte die 18-Jährige nach dem Abitur im nächsten Jahr nicht. „Nach dem Abi plane ich erst einmal zu reisen, aber sobald wieder ein fester Alltag einkehrt, möchte ich gerne beim KJT weitermachen.“