Engagement: Statt für Oper nun für Bioethik

Netta Or, Ensemble-Mitglied der Rheinoper, engagiert sich in einer neuen Stiftung.

Düsseldorf. Die Künstlerin Netta Or (28) ist eine längst nicht nur an der Rheinoper Düsseldorf/Duisburg anerkannte Sopranistin. Zwar zählt sie seit 2003 zum festen Ensemble, doch führten sie Konzerte und Opernauftritte schon weit in die Welt, nach Dublin, zu den Karlsruher Händel- und Salzburger Festspielen mit einer gefeierten Aspasia in Mozarts "Mitridate, re di Ponto", in Schwetzingen und Klagenfurt. Und meist waren es zuletzt so anspruchsvolle, diffizile Opern wie Glucks "Ezio" oder der "Telemaco".

Ab Sommer 2009 wagt sie den Sprung ins kalte Wasser: Sie gibt die Sicherheit des Ensemble-Daseins auf und wird selbstständig. Das heißt, als freie Sängerin angewiesen auf die Nachfragen der Opernhäuser oder der Konzertagenturen, die Künstler für Aufführungen von Kunstliedern, Arien oder Oratorien benötigen und dann auf ihre speziellen Fähigkeiten setzen, zum Beispiel in Barockopern die höchst artifiziellen Koloraturen zu meistern.

Aber so ist sie eben, sie besitzt, wie Thomas Zimmermann es sagt, "Charme, Komik, Ehrgeiz und den Mut zum Kontra". Thomas und Ehefrau Monika Zimmermann (MTZ) wählten Netta Or aus als eine von zunächst drei Botschaftern für ihre 2006 gegründete, unterdessen international agierende MTZ-Stiftung mit Sitz in Erkrath-Trills, deren Motto und Ziel "Für eine bessere Zukunft" lautet.

Die Stiftung ist so ziemlich einzigartig in Deutschland, denn sie widmet sich der Zell- und Genforschung sowie, im Verbund mit dem Stifterverband der Deutschen Wissenschaft, der Bioethik. Einmalig in Europa, so Zimmermann, sei schließlich das Stiftungs-Engagement für die Systembiologie. In diesem Bereich verleiht sie Nationalpreise.

Sie kooperiert mit dem Max-Planck-Institut in Münster, den Universitäten Freiburg, Dresden und Heidelberg. Wenn der moderne Begriff von der Vernetzung irgendwo gerechtfertigt ist, dann hier. Hauptaufgabe der Botschafter - außer Netta Or noch die Juristin Carolin Oppenhoff und der amerikanische Pop Art-Künstler James Rizzi, dessen Werke man im Sommer in einer riesigen Ausstellung in Mainz bewundern konnte -, ist es, Vorbildfunktion zu erfüllen. Und, sei es als Künstler oder auf anderer Weise, mit der eigenen Nobilität auch das gepriesene Objekt zu adeln.

Befragt, welche Gesangspartie ihr am meisten liege und zugleich am sympathischsten sei, antwortet Netta Or alsbald: "Die Donna Anna." Donna Anna? In Mozarts Oper "Don Giovanni" will dieser ganz zu Anfang, im 1. Akt, sich über Don Anna hermachen, genauer: sie zuerst entführen, dann vernaschen.

Die Venezianerin ist verlobt mit Don Ottavio, wehrt sich gegen den Gewalttäter, der am Ende bei einem Duell ihren Vater, den Komtur, ersticht. Nach dem Tod ihres Vaters bittet Ottavio sie, ihn nun endlich zu heiraten, doch sie will noch ein Jahr warten, um sich nach all den Schrecknissen zu erholen.

Gewiss nicht selbstverständlich, dass eine Künstlerin in so jungen Jahren ausgerechnet die tragische Figur der Donna Anna für sich erwählt. Und doch wieder bemerkenswert, betrachtet man die Verbindung von dieser Tragödie, die es zu einer fehlgeleiteten Systembiologie, Bioethik oder Zellforschung geben könnte.