Ratingen: Rosen riechen, Tulpen tasten

Der Ratinger Blindenverein will auf eigene Kosten einen „Garten der Sinne“ einrichten.

Ratingen. Wie eine Tulpe aussieht, das weiß fast jeder. Doch viel weiter reicht die sinnliche Naturerfahrung oft schon nicht mehr. Wie fühlt sich etwa der Blütenkelch an? Wie riecht eine Hyazinthe? Rascheln Ahornblätter anders als Lindenblätter? Ein "Garten der Sinne" kann darauf Antwort geben. Und einen solchen könnte es in Ratingen schon bald geben.

Die Pläne dazu sind weitgehend ausgearbeitet, als Standort ist der Grünzug Wallstraße/Gartenstraße vorgesehen. Die Initiative hat der Blinden- und Sehbehindertenverein (BSV) Ratingen ergriffen. Was keineswegs heißt, dass der "Garten der Sinne" vor allem für Blinde gedacht ist.

"Er ist eine Herausforderung für alle Menschen", erklärt die BSV-Vorsitzende Marion Höltermann, die eine treibende Kraft für das Projekt ist. "Wir wollen mit dem Garten das Bewusstsein für den Einsatz aller Sinne schärfen."

Schon 2007 war der Verein mit seinem Anliegen an die Stadt herangetreten. Doch da hatte das Grünflächenamt neben dem Tagesgeschäft noch das Poensgenpark-Jubiläum zu stemmen. Da blieb keine Zeit für eine Idee, die man eigentlich gerne unterstützen wollte. Nun ist der Zeitpunkt günstiger und alles kann ganz schnell gehen, wenn die Ausschüsse in den nächsten Tagen ihr Einverständnis geben.

Mit ernstlichen Einwänden ist kaum zu rechnen. Schließlich kostet das Vorhaben die Stadt nicht einmal Geld. Der BSV hat tief in die Vereinskasse gegriffen und 10.000 Euro für den Sinnesgarten locker gemacht. Im Gegenzug will das Grünflächenamt die notwendige Arbeitskraft beisteuern. So könnte nach den Herbstferien an dem Weg durch den Park ein Areal mit vier rechteckigen Hochbeeten entstehen.

Drei mal anderthalb Meter pro Beet, für jede Jahreszeit steht eines. Darauf würden dann jede Menge Blumen, Gewürze, Stauden und Gehölze gepflanzt werden. "Welche genau, das müssen wir noch mit dem Grünflächenamt besprechen", sagt Höltermann.

Sicher ist jetzt schon, dass die Anlage mit breiten Wegen und Handläufen rings um die Beete auch für Rollstuhlfahrer bequem nutzbar sein soll. Außerdem ist ein säulenförmiger Infopunkt geplant, der für Orientierung sorgt und das Wichtigste des Sinnesgartens erklärt - natürlich in extra großen Lettern und zusätzlich in ertastbarer Punktschrift.

Nur den Brunnen wird es voraussichtlich nicht geben, den sich der BSV gewünscht hatte. Zu störanfällig, urteilt die Verwaltung. Dafür sollen spätestens im nächsten Jahr so genannte Klangsteine dazu kommen. "Die übertragen Schwingungen auf den Menschen, ein Kribbeln, das für viele beruhigend wirkt", erklärt Höltermann.

Wenn der Garten dann im nächsten Jahr vollständig ist, bleibt dennoch einiges zu tun. Schließlich braucht er auch Pflege. Und da sich der Verein mit den Sachkosten schon verausgabt hat, ist jede Hilfe willkommen. Höltermann: "Wer uns unterstützen möchte, soll sich gerne melden."