Die Gefahr lauert im Kamin

Wenn Vögel ihre Nester im Schornstein bauen, kann es für Menschen lebensgefährlich werden. Ein Dohlengitter ist laut Experte der einzig wirksame Schutz.

Nettetal. Schornsteinfeger sollten Schornsteine fegen - so, wie es der Name auch sagt. Mit dieser Arbeit hat Berthold Simons seit Anfang April jedoch kaum mehr etwas zu tun. Der Bezirksschornsteinfeger-Meister rettet Leben - indirekt jedenfalls. "In den zwei vergangenen Wochen haben wir 30 Dohlen-Nester rausgeholt", sagt Simons, der für Breyell, Schaag und Leuth zuständig ist.

Was kaum einer weiß: Die harmlos erscheinenden Nester aus Moos und Ästen können lebengefährliche Folgen haben - nämlich dann, wenn der Schornstein noch benutzt wird und es keine Abgas-Sensoren gibt.

So wie bei zwei Fällen im Ruhrgebiet: Am Osterwochenende waren in Herne eine Mutter und ihre beiden Kinder tot in der Wohnung aufgefunden worden. In Marl fand ein Familienvater seine Ehefrau und die siebenjährige Tochter bewusstlos im Schlafzimmer vor.

In beiden Fällen hatten Dohlen im Kamin ein Nest gebaut. "Das ist echt lebensgefährlich", bestätigt Berthold Simons. Denn Zweck eines Schornsteines ist es, Rauch- und Abgase sicher aus dem Wohnbereich ins Freie zu leiten. Ist dieser durch ein Nest verstopft, können die Gase nicht mehr abziehen und zur tödlichen Gefahr für Menschen werden.

Jedes Jahr im Frühjahr, wenn die Vögel zu brüten beginnen, kann dieses Problem auftreten. Die Dohlen werfen Stöcke, Gras und auch Papiertaschentücher in den Schornstein hinein. Die Äste verhaken sich in einigen Metern Tiefe, auf dieser Grundlage baut der dunkel gefiederte Vogel dann sein dichtes Nest.

"Dieses Jahr ist es wirklich katastrophal", sagt der Schornsteinfeger. Seit 45 Jahren macht er seinen Job, aber so viele Dohlen-Nester wie in diesen Tagen hat er noch nicht gesehen. "Es werden immer mehr - unser Telefon steht gar nicht mehr still."

Mit Spezialwerkzeug entfernt Simons das jeweilige Nest. Danach wird ein sogenanntes Dohlengitter (die Anbringung vom Fachmann kostet mindestens 100 Euro) auf den Schornstein gesetzt, das die Vögel daran hindert, sich wieder einzunisten.

"So ein Gitter ist der einzig wirksame Schutz", sagt Simons, der die Meinung vertritt, dass diese Gitter Pflicht werden sollten - "zumindest hier in dieser Region", sagt der Bezirksschornsteinfeger. Sonst habe man schon bald den nächsten Todesfall zu beklagen.