Julius Louven (CDU): „Große Koalition ist sympathisch“
Die WZ sprach mit früheren lokalen Politgrößen über ihre Einschätzungen für morgen.
Kempen/Grefrath. Die Umfragen versprechen große Spannung für den morgigen Wahlabend. Bleibt Schwarz-Gelb an der Macht? Oder kann SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück doch noch das Ruder herumreißen? Für die politischen Lager wird es wohl eine Zitterpartie.
Julius Louven, früherer CDU-Bundestagsabgeordneter, betrachtet die Bundestagswahl 2013 trotzdem gelassen: „Ich sehe das alles eher leidenschaftslos“, sagt der St. Huberter. Schließlich habe er das Prozedere sechsmal als Abgeordneter beziehungsweise Kandidat miterlebt. „Dann hat man jetzt einen gewissen Abstand“, sagt der 80-Jährige, der von 1980 bis 2002 den Kreis Viersen im Bundestag vertreten hat.
So wie viele Medien hat auch Louven den Wahlkampf eher als langweilig erlebt. Positiv findet der Kempener, dass der Kreis Viersen wahrscheinlich zwei Abgeordnete nach Berlin entsenden kann. Das Szenario, dass Uwe Schummer (CDU) das Direktmandat holt und Udo Schiefner (SPD) es über die Landesliste schafft, wird wohl eintreten. „Zwei Stimmen in Berlin können dem Kreis Viersen nicht schaden“, so Louven.
Bei den Koalitionsmöglichkeiten spricht sich der Bäckermeister für die große Lösung aus CDU und SPD aus: „Eine Große Koalition fände ich sympathisch.“ Vor allem, weil er eine knappe schwarz-gelbe Mehrheit als problematisch ansieht: „Da im Bundesrat Rot-Grün die Mehrheit hat, würde das Regieren für CDU und FDP schwer.“
Sozialdemokrat Werner Reckermann hingegen will von einer Großen Koalition nichts wissen: „Da würde ich meiner Partei eher empfehlen, in die Opposition zu gehen“, sagt der 77-jährige Grefrather. Von der Oppositionsbank aus und mit der Mehrheit im Bundestag könne die SPD auch Einfluss nehmen. Peer Steinbrück hält Reckermann für den geeigneten Bundeskanzler: „Ich halte es mal mit dem früheren Kanzler Helmut Schmidt: Er kann es“, sagt der langjährige Fraktionschef der Grefrather SPD. Den Wahlkampf hat Reckermann als „oberflächlich“ empfunden. Es werde mehr über Stinkefinger diskutiert als über Inhalte. „Das ärgert mich maßlos“, sagt der Vinkrather.
Das sieht Michael Sperlich ähnlich. „Es war eher ein Wohlfühl-Wahlkampf. Und das, obwohl es genügend wichtige Themen gab. Stichwort: NSA-Abhör-Skandal“, sagt Sperlich, der von 1984 bis 2000 für die Grünen im Kempener Stadtrat saß. Den Absturz seiner Partei in den Umfragen sieht der 63-jährige Lehrer gelassen: „Vor der Wahl gab es schon immer ein Auf und Ab. Was zählt, ist das Ergebnis am Sonntagabend.“
Das Gründungsmitglied der Grünen im Kreis Viersen rechnet damit, dass Angela Merkel Bundeskanzlerin bleibt. „Die CDU wir ja wohl die stärkste Partei“, so Sperlich. „Was dahinter passiert, ist spannend.“ Der Kempener will auch eine schwarz-grüne Koalition nicht ausschließen: „Von dieser Ausschließeritis halte ich nichts. Wenn es geeignete Kompromisslinien gibt, wäre Schwarz-Grün einen Versuch wert.“