Naturschutz: Vorwurf lautet "Pappelmord"

Rund 100 Menschen sind zu einer Info-Veranstaltung in Viersen gekommen.

Niederrhein. „Rettet die Pappeln im Nierstal“, „Pappelmord am Niederrhein“ — Plakate mit diesen Aufschriften standen am Mittwochabend vor dem Eingang des Ernst-Klusen-Saals neben der Viersener Festhalle. Der Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) für Stadt und Kreis Viersen hatte zu einem Informations- und Diskussionsabend eingeladen. Das Motto lautete „Pappeln gehören in unsere niederrheinische Heimat“.

Umweltschützer hatten erst vor wenigen Tagen der Stadt vorgeworfen, dass sie am Rader Weg in Viersen 32 Pappeln hatte fällen lassen, obwohl der Umweltausschuss entschieden hatte, die Fällungen einzustellen, bis sich der Kreis Viersen abschließend mit dem Thema beschäftigt hat. Die Stadt hatte von „Gefahr im Verzug“ gesprochen, weil die Bäume in der Nähe einer Gasleitung standen.

Die knapp 100 Besucher hörten einen Vortrag von Forstdirektor Hubert Kaiser, Leiter der Landesforstverwaltung im NRW-Umweltministerium, über die Pappel. Er bestätigte, dass das Vorgehen der Stadt ungewöhnlich sei. „Normalerweise holt sich die Verwaltung eine demokratische Legitimation in den zuständigen Ausschüssen“, sagte er. Kaiser plädierte dafür, „der Pappel die gleiche Chance zu geben wie jeder anderen Baumart“.

Dazu gehöre auch, sie zu ersetzen, wenn sie an einem ungeeigneten Standort stehe. Pappeln bräuchten einen feuchten Untergrund. Der Forstdirektor wies auf ihren ökologischen Wert hin. Alte Pappeln seien ein Lebensraum für Insekten und Vögel. Ihr Wert steige mit dem Alter. Vorzüge gegenüber anderen Baumarten seien schnelleres Wachstum und Robustheit. „Pappeln gehören zum Niederrhein. Sie prägen ihn seit 200 Jahren. Hier gibt es das größte Vorkommen in ganz Deutschland“, sagte Kaiser.

Obwohl das Thema polarisiere, müsse für die Pappel eine neue Wertschätzung geschaffen werden. Der Baum habe auch eine kulturelle Bedeutung. Er komme in Literatur, Malerei und Dichtung vor und sei ein kultureller Bestandteil der Region.

Kaiser verschwieg nicht, dass Pappeln auch Probleme verursachen. Durch ihre Größe und dem damit verbundenen großen Schattenwurf würden sie in freier Landschaft den Blick brechen. „Im Zusammenhang mit dem Landschaftsbild war die Pappel schon immer in der Diskussion.“

Ludwig Mertens von der Bürgerinitiative „Rettet die Pappeln am Niederrhein“ warf der Viersener Verwaltung vor, sie fälle Bäume, wie sie wolle. Der Bürger sei dabei nur lästig. In den vergangenen Jahren seien in Viersen mehr als 800 Pappeln gefällt worden. Und es gebe kaum Ersatzpflanzungen, wie sie von jedem gefordert würden, der auf seinem privaten Grundstück Bäume fälle. Horst Meister vom BUND betonte, man wolle alle Baumarten schützen. Die Pappel sei aber zum Reizwort geworden es gebe Vorurteile gegen sie.