Kreis Viersen: Die Fragen nach dem Schrecken

Nach der Amok-Drohung von Waldniel gab es eine Versammlung mit Eltern, Seelsorgern und der Polizei.

Waldniel. Die Reaktionen sind auch eine Woche nach der Amok-Drohung von Schwalmtal noch völlig verschieden: Viele Kinder und Jugendliche sowie ihre Eltern sind inzwischen zur Tagesordnung übergegangen, haben das Geschehene hintenan gestellt und freuen sich jetzt auf die Osterferien.

Aber es gibt auch immer noch viele Menschen mit Unsicherheiten, mit Fragen zum Ablauf des Geschehens, mit Ängsten. Das ist den Seelsorgern, die immer noch damit betraut sind, diesen Menschen zur Seite zu stehen, bewusst. Es könne auch sein, dass sich Kinder, die das Geschehene bislang scheinbar gut verarbeitet haben, sich in den nächsten Wochen noch veränderten - das ist eine der Hauptaussagen eines gemeinsamen Eltern- und Informationsabends der weiterführenden Schulen.

Auch Vertreter der Seelsorger und der Polizei stellten sich den Fragen der etwa 150 Eltern. Wenn sich ein Kind verändere oder man als Erwachsener bei sich bemerke, dass man plötzlich doch Probleme bekomme, solle man nicht zögern, die Telefonseelsorge anzurufen, rieten die Seelsorger vom Team der Psycho-Sozialen-Notfallversorgung Niederrhein.

"Es gibt kein völlig sicheres Leben", sagte einer der Seelsorger zu einer Mutter, die gefragt hatte, was sie denn nun ihrem Kind sagen solle, wenn es fragt, ob es wieder sicher sei, in die Schule zu gehen. "Sie können ihm sagen, dass Sie Vertrauen zur Schule haben, dass man gut auf das Kind aufpassen werde, aber die völlige Sicherheit können Sie niemandem versprechen."

Man sollte nichts herunterspielen", mahnte Streetworker Joachim Hambücher. "Was passiert ist, ging gegen alle Urinstinkte des Menschen. Wenn Gefahr droht, möchte er entweder fliehen oder sich zur Verteidigung aufstellen. Beides ging nicht. Die Kinder und Lehrer waren eingeschlossen, konnten nichts tun."

Wenig Verständnis hat er, wenn ihm einzelne Lehrer zu verstehen geben, dass sie die ausführliche Nachbereitung für unnötig halten, dass doch eigentlich nichts passiert sei und man bitte zur Tagesordnung übergehen solle. "Man kann hier nicht sagen, dieser oder jener hat sich richtig oder falsch verhalten."

Es sei falsch, den Eltern, die besorgt zur Schule eilten und weinend mit den Kindern telefonierten, Vorwürfe zu machen. Genauso verkehrt sei es aber, den Eltern, die Zuhause blieben, vorzuwerfen, sie seien "Rabeneltern".

Die Polizei wird noch einige Wochen für die Nachbereitung des Großeinsatzes brauchen. In der Behörde wird nach eigenen Angaben genau analysiert, was gut gelaufen und was verbesserungswürdig ist. Die Frage von Eltern, warum es kein Informationszentrum als Anlaufstelle gegeben habe, soll in diese Bewertung mit einfließen. Ebenso die Frage des Hauptschulleiters Arthur Siemes, warum man nicht die Eltern in der Turnhalle untergebracht habe, um sie aus einer möglichen "Schusslinie" zu bekommen.