Mobilität im Kreis Viersen Der stille Tod des Disko-Taxis

<irglyphscale style="font-stretch 97%;">Kreis Viersen</irglyphscale> · Sie sollte den Kreis Viersen für Familien attraktiver machen und Verkehrsunfälle am Wochenende verhindern. Seit Herbst 2019 ermöglichte die App „Night Mover“ bezuschusste Taxifahrten für Jugendliche und junge Erwachsene am Wochenende. Was wurde aus dem Projekt?

Das Disko-Taxi-Angebot „Night Mover “ wurde eingestellt. Es ermöglichte Jugendlichen und jungen Erwachsenen bezuschusste Fahrten von der Disko nach Hause.

Foto: dpa/Christoph Reichwein

Die Einführung eines bezuschussten Disko-Taxis für junge Menschen im Kreis Viersen im Jahr 2018 war mit Problemen behaftet: Eigentlich sollte das Angebot zum 1. Juli starten, dann sollte es im März 2019 so weit sein. Im Juni 2019 hieß es, der Start stehe kurz bevor, aber erst im September 2019 war es dann so weit: Per App konnten Jugendliche und junge Erwachsene bis 26 Jahre einen Zuschuss für Fahrten von der Disko nach Hause bei beteiligten Taxiunternehmen erhalten, abgerechnet wurde übers Smartphone mit der „Night Mover“-App. Bis zu 200.000 Euro wollte der Kreis pro Jahr dafür bereitstellen. Aber dann kam Corona.

Im März 2020 hatte der Kreis das „Night Mover“-Angebot deshalb vom Netz genommen. Ebenso reagierte der Kreis Kleve, der die App gemeinsam mit dem Kreis Viersen entwickeln ließ. Doch während im benachbarten Kreis Kleve der „Night Mover“ im Juni 2021 wieder buchbar war, war die Viersener Kreisverwaltung noch nicht so weit. „Wir haben Kontakt zu den Taxiunternehmen aufgenommen, ob sie wieder dabei sind – und auch die angeschrieben, die bisher nicht dabei waren“, sagte der zuständige Dezernent Thomas Heil im Mai 2022. Das Angebot funktioniere nur, wenn in jeder Kommune Fahrten angeboten werden. Einige Wochen werde es auf jeden Fall noch dauern, hieß es damals. 142 Wochen später ist vom Disko-Taxi im Kreis Viersen keine Rede mehr.

„Das Angebot gibt es im Kreis Viersen nicht mehr, es wurde während der Pandemie eingestellt“, erklärte Kreis-Sprecher Daniel Schnock auf Anfrage unserer Redaktion. „Die Nutzungszahlen waren überschaubar, die Kosten hoch.“ Bis zum coronabedingten Aus wurde die App im Kreis Viersen ungefähr 1400 Mal benutzt, erklärte eine Sprecherin des Kreises. „Dieser Zahl liegen allerdings deutlich weniger Fahrten zugrunde. Sitzen mehrere Jugendliche in einem Taxi, handelt es sich um eine Fahrt, aber um mehrere Nutzungen des „Night Movers“. Die Nutzung lag im Schnitt zwischen zehn und 15 Fahrten pro Wochenende.

Die Idee zur Einführung des Disko-Taxis hatte die Junge Union im Kreis Viersen. Die Mutterpartei hatte im November 2020 eine Anfrage an die Kreisverwaltung gestellt, wann die Kreisverwaltung eine Wiederaufnahme des Projekts plane und ob sie über eine Werbekampagne für den „Night Mover“ nachdenke. Mit Verweis auf die Coronaschutzverordnung bat der Kreis um Verständnis, dass er keinen Termin nennen könne. „Sicherlich wird die Entscheidung auch von einer allgemeinen Gefährdungseinschätzung abhängen, bei der auch das Kreisgesundheitsamt mit einzubinden sein wird“, hieß es damals. Und: „Gesetzt den Fall, dass der Betrieb frühestens im Frühjahr 2021 wiederaufgenommen wird, ist eine Werbekampagne sicherlich erforderlich.“

Die Kreisverwaltung verweist darauf, dass das Projekt „Night Mover“ nach der Anfrage im November 2020 durch die antragstellende Fraktion nicht weiter verfolgt wurde. Und dass der Kreis Viersen im vergangenen Jahr ein Mobilitätskonzept ins Leben gerufen hat, mit dem Möglichkeiten zur Vernetzung verschiedener Verkehrsträger sowie die Potenziale innovativer Mobilitätsangebote im Kreisgebiet unter die Lupe genommen werden sollen.

Die Idee: Bestehende Mobilitätsangebote im eher ländlich strukturierten Kreis Viersen sollten auch unter Berücksichtigung von Anregungen und Hinweisen der Bürger betrachtet werden. Vor knapp einem Jahr startete die Kreisverwaltung dazu eine Online-Umfrage. „Die Ergebnisse dienen dazu, weitere Mobilitätsangebote wie etwa Car-Sharing, Radverleihsystemen oder auch bedarfsgesteuerte Verkehre (,On-Demand‘) im Kreis Viersen detaillierter bewerten zu können“, hieß es in einer Mitteilung des Kreises.

Allerdings: Während in Krefeld On-Demand-Verkehre bereits fahren, gibt es ein solches Angebot im Kreis Viersen noch nicht; das einzige Radverleihsystem ist das Niederrhein-Rad, das sich in erster Linie an Touristen wendet – und auch ein Car-Sharing-Angebot für Privatleute wurde wieder eingestellt.