Nach Ehrenmord von Rees keine Anzeichen für weitere Bluttat

Rees/Krefeld. Nach einem Ehrenmord an einer 20-jährigenKurdin im niederrheinischen Rees hat die Polizei keine Anhaltspunktedafür, dass auch die Mutter der jungen Frau ermordet wurde.

EinSprecher der Krefelder Mordkommission widersprach am Sonntagentsprechenden Medienberichten. Die Mutter des Mordopfers habe nacheiner Krebs-Diagnose 1996 Selbstmord begangen.

Die Ermittler hätten diealten Akten eingesehen und entschieden, den Fall nicht neu aufzurollen.Es habe sich auch vor dem Hintergrund des Mordes an der Tochter keineneue Verdachtslage ergeben. Mitarbeiter der Stadt Rees berichtetenjedoch von Aussagen, wonach die Mutter damals von ihrem Mann zumSelbstmord aufgefordert worden sei.

Die Frau habe sich damals im Park eines Bocholter Krankenhauses nachder Diagnose selbst das Leben genommen, sagte ein Sprecher der BorkenerPolizei am Sonntag auf dpa-Anfrage. Zeitungsberichte, nach denen derVater des Mordopfers seine Ehefrau bei der Stadt Rees schon als totgemeldet habe, bevor sie sich umbrachte, bezeichnete die Polizei als„pure Spekulation“.

Dem Westdeutschen Rundfunk bestätigte der Amtsleiter des ReeserSozialamts, Andreas Mai, allerdings diesen Sachverhalt. GegenüberMitarbeitern der Stadt Rees hätten Familienangehörige ausgesagt, derVater habe seine Frau zum Selbstmord aufgefordert. Sie sei aufgrundihrer Krankheit nicht mehr in der Lage, die Aufgabe in der Familie zuerfüllen und solle deshalb Platz für eine „Nachfolge“ machen.

Nach dem Mord an der 20-jährigen Gülsüm S. waren der Vater und derDrillingsbruder des Opfers in der vergangenen Woche wegengemeinschaftlichen Mordes verhaftet worden. Die 20-Jährige musste denErmittlungen zufolge vor einem Monat sterben, weil sie „dieFamilienehre beschmutzt“ hatte.

Die junge Frau sollte gegen ihrenWillen verheiratet werden. Doch dann erfuhr die Familie, dass sie keineJungfrau mehr war und schon einen Schwangerschaftsabbruch hinter sichhatte. Der Bruder hatte die Tat gestanden. Der Vater bestreitet eineBeteiligung.

Wegen ihres „westlichen Lebensstils“ habe das spätere Mordopfer seitJahren Probleme mit ihrer Familie gehabt und sei mehrfach misshandeltworden. Unter einem Vorwand sei die junge Frau am 2. März auf eineneinsamen Feldweg gelockt worden. Ihr Drillingsbruder habe sie mit einerWäscheleine bis zur Bewusstlosigkeit gedrosselt.

Dann sei sieerschlagen worden. Zeitungsberichten zufolge soll der 20- jährigemutmaßliche Mörder für den Flug zur Beerdigung seiner Schwester in derHeimat beim Sozialamt vorstellig geworden sein. Der von staatlicherUnterstützung lebenden Familie sei ein vierstelliger Betragzugesprochen worden.