Wirtschaft: Betriebsspionage - Der Krieg um Marktvorteile
Durch immer härtere Konkurrenz treibt die Betriebsspionage neue Blüten. Auch am Niederrhein.
<strong>Niederrhein. Trenchcoat und Borsalino haben ausgedient. Denn Spione tragen selten Mantel und Hut, sie verwenden wohl auch keine Minox mehr, um geheime Dokumente abzulichten und sehen gewiss nicht aus wie James Bond. Doch obwohl die ehemals markanten Kennzeichen von Spionen am Gardarobenhaken der Geschichte hängen, ist das Thema Betriebs- und Wirtschaftsspionage so aktuell wie selten zuvor.
"Wir hatten sogar schon mit Fällen zu tun, wo die Kornsorte eines Brötchens ausgespäht wurde." DagmarPelzer, Sprecherin des NRW-Innenministeriums
"Die Verluste alleine durch staatlich gelenkte Wirtschaftsspionage geht in NRW jährlich in die Milliarden", sagt Dagmar Pelzer, Sprecherin des NRW-Innenministeriums. Dabei müsse befürchtet werden, dass die Dunkelziffer weitaus höher ist, denn viele Betriebe scheuten nach einem Fall von Spionage den Weg an die Öffentlichkeit. Pelzer: "Vielfach bemerken es die Betriebe auch gar nicht." Offenbar gingen viele Firmen davon aus, dass sie aufgrund ihrer Größe oder ihres Produkts nicht interessant sind für Wirtschaftsspionage. "Doch das ist ein gefährlicher Irrtum. Wir hatten sogar schon mit Fällen zu tun, wo die Kornsorte eines Brötchens ausgespäht wurde." "Es sind tatsächlich weniger die großen Unternehmen mit Geschäftsbeziehungen in viele Länder, die auf Hinweise von Spionagetätigkeiten achten müssen, sondern die kleineren, meist mittelständischen Betriebe", bestätigt die Innovationsbeauftragte der Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein, Elke Hohmann. Für die IHK in Krefeld ist das Thema derzeit so aktuell, dass in diesem Jahr eine Reihe von Informationsveranstaltungen darüber angeboten werden soll. Große Unternehmen hätten meist ein Sicherheitskonzept, das rechtzeitig Fälle von Spionage erkennt und durch gezielte Selektion der Mitarbeiter und deren Zugangsmöglichkeiten zu wichtigen Projektdaten verhindert. Hohmann: "Prinzipiell gilt: Jeder Betrieb, wo ein Abfluss von Know-how möglich ist, ist gefährdet. Betriebsspionage kann es bei jeder Firma geben, die über Produktionstechniken verfügt, deren genaue Kenntnisse Mitanbietern einen Wettbewerbsvorteil verschaffen würden." Auch beim Schokoriegelhersteller Mars in Viersen fürchtet man Industriespionage und vor allem die eng damit verbundene Produktpiraterie. "Unser Unternehmen lebt davon, dass unsere Marken geschützt bleiben. Daher achten unsere Anwälte streng auf Auffälligkeiten. Ebenso haben wir die Entwicklung in punkto Wirtschaftsspionage stets im Blick", sagt Unternehmenssprecherin Sabine Hansult. Die Marktsegmente, so Hohmann, seien in den vergangenen Jahren so umkämpft, dass Mitanbieter oder gar Staaten sich immer weniger scheuten, einen Spion in einen Betrieb einzuschleusen. "Das kann die nette Praktikantin sein, die vermeintlich zuverlässige studentische Aushilfe oder der langjährige, jedoch unzufriedene Mitarbeiter", warnt Hohmann. Mitunter sei es diesen Personen auch gar nicht bewusst, dass sie Handlanger fremder Kräfte sind. Immer bedeutsamer wird dabei auch die Ausspähung mittels Internet. "Dabei kann nur eine auf die Firma zugeschnittene Sicherheitslösung helfen", rät Hohmann. Und die gäbe es nicht von der Stange. Innenministeriumssprecherin Dagmar Pelzer warnt eindringlich vor einem Abfluss von Know-how aus NRW: "Das Wissen um Technik und Produktion ist einer unserer größten Standortvorteile, den wir nicht verlieren dürfen."Mit einem vertraulichen Test auf der Internetseite des Innenministeriums können Firmeninhaber herausfinden, ob der eigene Betrieb spionagegefährdet ist. Dort gibt es auch Tipps für das Verhalten auf Geschäftsreisen und auf Wunsch persönliche Beratung.
Betriebsspionage Das Entsenden von Spionen in den Betrieb eines Konkurrenten. Ziel sind nicht nur Projektinformationen, sondern auch das Aufdecken möglicher Zahlungsschwierigkeiten.
Konkurrenzspionage Hierbei geht es um konkrete Auftragsvergabe. Dabei heuert ein Unternehmen einen Spion an, der genaue Informationen über Angebote zu einem bestimmten Auftrag liefert, den das Unternehmen selbst an Land ziehen möchte, damit der Konkurrent unterboten werden kann.