Neersen: Stiegers stellen Friteuse ab
Ortsgeschichte: Nach 30 Jahren schließt der Grill-Basar an der Virmondstraße in Neersen.
Neersen. Es ist das Ende einer Ära. Nein, es geht nicht um einen Staatsmann, der abtritt. Auch nicht um den scheidenden Trainer eines Fußball-Bundesligisten. Vielmehr schließt in Neersen eine Frittenbude.
Die Frittenbude. Margot und Juppes Stieger machen am 27. September in ihrem Grill-Basar zum letzten Mal das Fett heiß und heizen den Hähnchen-Grill an. Am Tag darauf ist ein Frühschoppen mit Umtrunk organisiert.
Vor genau 30 Jahren wurde das Geschäft an dieser Stelle eröffnet. Gegen alle mahnenden Stimmen. Gottseidank, denn ohne diese Einrichtung hätte mehreren Generationen Neersenern (und nicht nur diesen) etwas gefehlt: Die Hähnchen und die Pommes sind bekannt, auch im weiteren Umfeld.
"Wir haben einen Kunden, der ist nach Oedt gezogen und arbeitet in Viersen. Der kommt regelmäßig abends vorbei und nimmt Essen mit", erzählt Margot Stieger. "Aber es kommen auch Menschen aus Rheindalen, Neuwerk und Helenabrunn, um nur einige Orte zu nennen", fügt Juppes Stieger hinzu.
Was macht den Erfolg aus? "Die Vielfalt", glaubt er. Und natürlich die Rezeptur. Die ist nicht nachzukochen. "Viele wollen das Rezept der Schaschlik-Sauce haben. Das kann man aber als Privathaushalt nicht nachmachen." Auf der anderen Seite: Die Leute sind "jeck" auf die Hähnchen von der Virmondstraße. Während des laufenden Festes decken sich hier Schützen von Klein Jerusalem ein, essen zu Hause und gehen dann wieder feiern.
Wer wird den Grill-Basar mit der Max-und-Moritz-Zeichnung auf dem Giebel am meisten vermissen? "Keine Ahnung" - Margot Stieger lacht. "Vielleicht die Schüler." Seitdem es den Laden gibt, kommen Kinder nach der Schule ins Geschäft und bekommen eine Gabel Fritten gereicht. Klar, dass dieser Brauch bis zum Schluss gilt.
Eine andere Tradition hat dagegen schon Anno 2007 zum letzten Mal stattgefunden: Wenn Kinder nach dem Martins-Umzug an der Tür singen kamen, gab’s immer eine leere Pommes-Tüte mit einem Stieger-Stempel - als Gutschein. "180 bis 200 Tüten haben wir immer rausgegeben", erinnert sich die "Chefin".
Warum gab’s eigentlich keinen Nachfolger? Juppes Stieger runzelt die Stirn. "Wenn das daneben geht, stehen wir mit 70 noch im Laden. Sind Sie eigentlich verrückt?" Was den Betreibern solcher Geschäfte zusätzlich zu schaffen macht, sind die Vorschriften, die immer schwieriger zu erfüllen seien.
Und die Kosten. "Ersatzteile für die Geräte sind um mehrere hundert Prozent im Preis gestiegen", schildert Stieger. Er griff zur Selbsthilfe. "Ich hatte mir für unseren Gyros-Grill einen zweiten Motor gekauft, als Ersatzteillager. Das habe ich jetzt aufgebraucht. Ein Zahnrad habe ich noch."
Ansonsten hatten beide mit der Einrichtung Glück. Bis auf kleinere Reparaturen hätten die Teile die 30 Jahre überstanden. "Auch dank entsprechender Pflege."
Und jetzt? Wie füllen die Stiegers ihre hinzukommene Freizeit? "Machen Sie sich da mal keine Sorgen", lacht die 57-Jährige. Es gebe ganz sicher Reiseziele, die beide gerne ansteuern würden. Dann ist da der 1000 Quadratmeter große Garten.
Und schließlich eröffnet ja am 1.1.2009 am Ort des Grill-Basars Sohn René Stieger sein Büro der Volksfürsorge. "Wenn das Telefon mal besetzt werden muss..." Juppes Stieger führt den Satz nicht zu Ende. Schließlich sind da die Enkelkinder - genug zu tun. Und nicht nur dem dümmlichen Lied zuzuhören, das da lautet: Alles hat ein Ende, nur die (Curry-)Wurst hat zwei.