Schiefbahn: Als Kellner wird Jordanis zum Marathon-Mann

Der 38-jährige Grieche arbeitet abends als Aushilfe im Schiefbahner Märchenwald.

Schiefbahn. Jordanis mag seinen Aushilfsjob. Er ist Kellner im Hofbräuhaus im Märchenwald: "Das muss einem liegen. Dafür muss man ein bestimmtes Gen haben." Er hat das Gen und das Talent - deshalb tritt der 38-Jährige seine Schicht um 18 Uhr auch gutgelaunt an, obwohl er bereits einen Acht-Stunden-Tag als Maschinenbediener hinter sich hat.

Schnell rast er in das Gasthaus, verschwindet hinter einer Tür mit der Aufschrift "Bitte Türe schließen - Unfallgefahr" und kommt Sekunden später mit einer Manschette zurück, die seinen "Tennisarm" entlastet. Wer weiß, wie viele Maß Bier er heute stemmen muss. "Der Job ist ein richtiges Fitnessprogramm", lacht Jordanis, der nur mit Vornamen gerufen werden will.

Während seiner sechsstündigen Schicht wird er zum Marathon-Mann. Dabei achtet er darauf, unnötige Wege zu vermeiden. Unaufgefordert bringt er dem Hund von Gästen einen Napf Wasser: "Sie hätten sowieso danach gefragt."

In der Hand hat er ein Gerät, dass an einen großen Taschenrechner erinnert: Hier tippt er die Bestellungen ein - Kollege Christian, der für volle Gläser sorgt, entnimmt dem Drucker die Bestellung und hat sie bereits zur Hälfte ausgeführt, als Jordanis an der "Zapfstelle", die offiziell Grill genannt wird, erscheint.

"Einen Märchenwaldsalat, ein Schweineschnitzel mit Champignons", bestellt ein junges Paar. Jordanis tippt die Speisewünsche ein, drückt auf den Knopf - schon weiß Sandra in der Küche Bescheid. Auch die Schaffnerkasse an seinem Gürtel dient der Zeitersparnis: "So komme ich schneller an das Wechselgeld ran, als wenn ich in einer Geldbörse kramen müsste", weiß der Vollblut-Kellner, der für eine lange und zwei kurze Biertisch-Reihen zuständig ist.

Nein, neue Gäste lässt er nicht allzu lange warten. "Die wissen in der Regel sofort, was sie wollen", so seine Erfahrung. "Ein großes Radler, bitte", bestellt eine Frau in den besten Jahren. Ob sie wohl einen ganzen Liter Bier trinken möchte? Jordanis fragt vorsichtshalber nach und erfährt, dass die Dame einen halben Liter meint. Beide lachen.

Die Stimmung ist gut, auch wenn der Stress mitunter groß ist. "Bislang hat es nur einen Gast gegeben, der mich zur Weißglut gebracht hat", erzählt der freundliche Grieche. Am Grill ist Zeit für ein, zwei Züge an der Zigarette, die anschließend unbeachtet vor sich hin qualmt. Längst ist Jordanis auf "Betriebstemperatur" und das ist auch gut so: Die Holzbänke füllen sich - jetzt nur nicht den Überblick verlieren.

"Hat es Ihnen geschmeckt? Der Rentner strahlt: "Phantastisch!" Jordanis räumt das bauchige Gefäß, in dem er den Gemüseeintopf serviert hatte, ab. Gab es Trinkgeld? "Betriebsgeheimnis!" Was ihn immer wieder reizt: Der Umgang mit Menschen. "Den richtigen Ton zu finden, ist eine Sache von Sekunden", sagt der erfahrene Kellner. Ab heute ist er auf Urlaub in der Heimat. Aber nicht etwa, um zu relaxen, sondern um seiner Schwester in deren Taverne unter die Arme zu greifen...