Tönisvorst: Die CDU und ihr neues Gesicht

Die Christdemokraten in Tönisvorst glauben an sich und ihren Kandidaten fürs Bürgermeisteramt.

Tönisvorst. Tönisvorst gehört zu den wenigen Städten des Kreises Viersen, die keine absolute CDU-Mehrheit haben. Das macht politische Entscheidungsfindung oft schwierig.

Und jetzt verlässt mit Bürgermeister Albert Schwarz auch noch ein Zugpferd die politische Bühne. Wenn’s nach den Christdemokraten geht, soll Thomas Goßen ihn beerben. Er und Parteichef Reinhard Maly sagten im WZ-Gespräch, wie sie sich die künftige Arbeit vorstellen.

Herr Goßen, werden Sie in Vorst und St. Tönis schon auf der Straße erkannt oder müssen Sie sich noch oft als CDU-Bürgermeisterkandidat vorstellen?

Thomas Goßen: Da kann ich Ihnen von einem der letzten Samstage berichten. Ich wollte nur drei Teile einkaufen und bin in die St. Töniser Innenstadt gefahren. Drei Stunden später war ich erst zu Hause, weil mich so viele Leute angesprochen haben.

Uwe Leuchtenberg, Ihr SPD-Mitbewerber um das Bürgermeisteramt, sieht sich im August nach einem knappen Rennen letztlich vorn. Wo sehen Sie sich am Ende des Wahltages?

Goßen: Die Reihenfolge ist klar. Goßen vor Leuchtenberg und Hoechtlen. Aber es wird kein so komfortabler Vorsprung werden, wie Albert Schwarz ihn hatte. Keiner von uns hat einen Amtsbonus.

Was macht Sie so optimistisch?

Goßen: Ganz einfach, die Entwicklung, die in den letzten zwei Jahren vonstatten gegangen ist. Das ist sehr gut gelaufen.

Welche Fragen tragen die Menschen an Sie heran?

Goßen: Das sind oft die Klassiker, von der kaputten Straßenlaterne bis hin zu Kindergartenplätzen. Oder es geht um die Frage, wie es bei den OGS-Plätzen (Offene Ganztagsgrundschule, Anm. der Red.) weitergeht. Eben alles, was die Menschen in der Zeitung lesen oder hören. Aus Verwaltungs-Sicht kenne ich Tönisvorst sehr gut. Ich bin nahe dran an den Themen.

Für welche Tönisvorster Themen stehen Sie und Ihre Partei?

Goßen: Tönisvorst hat seine Stärken als Wohnort. Die Stadt liegt - teilweise - im Grünen. Aber das alles ist noch kein Alleinstellungsmerkmal. Deshalb muss ich jemandem, der nach hier ziehen will, erklären, warum er das tun soll.

Gerade im Prozess der demografischen Entwicklung. Ein großes Thema ist deshalb die Familienfreundlichkeit dieser Stadt. Man muss bedenken, dass junge Frauen, Mütter, oft entscheiden, wo die Familie hinzieht. Wir müssen die Schulen stärken. Dort müssen wir die Über-Mittag-Betreuung ausbauen.

Den Bedarf können wir noch nicht befriedigen. Reinhard Maly: Ich möchte die Themen Sicherheit und Sauberkeit nennen. Das ist bei einer Befragung der Bürger immer wieder genannt worden. Es gibt eine Diskrepanz zwischen gefühlter und tatsächlicher Sicherheit. Wir legen außerdem Wert auf das generationsübergreifende Verständnis. Wir haben unser Programm unter dem Stichwort Sieben mal Sieben zusammengestellt.

Welche Tipps von Bürgermeister Schwarz beherzigen Sie?

Goßen: Von Albert Schwarz nehme ich ganz sicher die Fähigkeit mit, mit Menschen über lange Jahre in Kontakt zu bleiben, mit einzelnen Bürgern und Vereinen gleichermaßen. Nach dem Motto: "Meine Tür steht offen". Er brachte aus einem Wochenende immer Anregungen mit, weil er mit Leuten gesprochen hatte.

Albert Schwarz hat den Ruf, harmoniebedürftig zu sein. Sind Sie ein ähnlicher Typ?

Goßen: Nun, mein Berufsstand bringt es mit sich, dass man Themen auch mal streitig diskutiert, Positionen besetzt und vertritt. Da bin ich wohl mehr Hans Gerd Peters als Albert Schwarz.

Maly: Albert Schwarz war und ist noch Chef der Verwaltung, aber er war nicht der CDU-Bürgermeister. Er war immer selbstkritisch, das habe ich bewundert. Und er hat auch die Partei zur Selbstkritik geführt.

Goßen: Man prägt das Amt weniger als Parteimitglied denn als Person.

Herr Maly, CDU, SPD, FDP, Grüne, UWT und GUT - es wird immer bunter in der Tönisvorster Parteienlandschaft. Sind Volksparteien wie die Ihrige ein Auslaufmodell?

Maly: Das ist ja gerade die Herausforderung, der man sich stellen muss. Wobei ich für meine Partei immer noch in Anspruch nehme, dass die Grundprinzipien wie Leistung immer noch gelten. Das soll die Stärke der Union bleiben.

Goßen: Dem Bürgermeister kommt ja eine Schlüsselstellung in diesem System zu. Wenn man - wie es ja kommen könnte - mit sechs verschiedenen Gruppierungen und Parteien zu tun hat, muss man verschiedene Mehrheiten zu Stande bringen. Da spielt dann die Qualität der Sacharbeit eine noch größere Rolle.

Wie viele Mitglieder haben Sie zurzeit? Wo liegt das Durchschnittsalter?

Maly: Im Moment sind wir bei 280. Aber: Wir sind zu alt, ganz klar. Der Durchschnitt liegt sicher bei 50 Jahren. Wir haben aber erfolgreich begonnen, gegenzusteuern. Aber es geht nicht von jetzt auf gleich, junge Leute an die Politik heranzuführen.

Wie beurteilen Sie aktuell die Zusammenarbeit zwischen Partei- und Fraktionsspitze?

Maly: Wir haben gemeinsame Ziele, denen ordnen wir uns unter: Thomas Goßen soll Bürgermeister werden, die Wahlkreise sollen gute Ergebnisse erzielen. Sicherlich gab’s Auseinandersetzungen in der Vergangenheit, von dicken Freunden kann man nicht reden...

Goßen:...aber von verlässlichen Partnern.

Welche Tönisvorster Probleme werden Sie nach Amtsantritt sofort lösen?

Goßen: Das Stadtmarketing müssen wir fördern. Da haben wir in der Stadt enormen Nachholbedarf. Wir werden mit einer schlanken Struktur beginnen, müssen uns komplett neu aufstellen. Unser Ziel kann es nicht sein, riesige Gewerbeflächen, die wir nicht haben, zu vermarkten. Wir wollen eine Bestandspflege, eine bessere Verzahnung zwischen Stadt, Betrieben, Kreishandwerkerschaft und Kreis-Wirtschaftsförderung.

Schlanke Struktur, was meinen Sie damit?

Goßen: Wir brauchen jemanden, der zu Fuß an Betriebe herangeht, einen städtischen Mitarbeiter, der fragt, was Sache ist, wo der Schuh drückt. Das ist gut investierte Zeit. Flächen, die wir haben, müssen wir intelligent nutzen.

Maly: Fehler sind in der Vergangenheit gemacht worden. Wir hätten parallel zur Wirtschaftsförderung des Kreises eine Struktur aufbauen sollen. Manche Betriebe sind verbittert abgezogen.

Goßen: Die Wirtschaftsförderung muss vor Ort verankert sein. Betriebe brauchen einen Ansprechpartner.

Wie wollen Sie die Stadt Tönisvorst weiter entwickeln? Wo steht sie 2020?

Maly: Ich würde mich freuen, wenn wir immer noch Tönisvorst heißen und weder zu Krefeld noch zu Willich gehören. Im Ernst: Wir wollen beide Stadtteile in ihrer Unterschiedlichkeit erhalten, aber den Verkehr untereinander intensivieren, zum Beispiel mit dem Bürgerbus. Und natürlich wollen wir die Arbeitsplätze am Ort erhalten.

Goßen: Also die Sorge wegen einer kommunalen Neugliederung teile ich nicht. Tönisvorst hat als starke, selbstständige Kraft ihren Platz gefunden. Für 2020 wünsche ich mir, dass wir den Umbruch für die nächsten Generationen geschafft haben. Im sozialen wie im medizinischen Bereich, zum Beispiel mit einem funktionierenden Antoniuszentrum.

In Vorst sehe ich wiederum ein großes Potenzial im Freizeitbereich. Der Reitsport ist immer stärker im Kommen, was man zweifellos erkennt. Und nicht nur das: Hier, aber auch in der gesamten Stadt, könnte man fürs Radwandern richtige Themenrouten anbieten.