Vorst: Es war Liebe auf den ersten Blick
Im Pfarrhaus: Seit sechs Jahren lebt Familie Charaf an der Kuhstraße in Vorst. Sie genießt das Wohnen im Denkmal.
Vorst. Manchmal erwischt es einen auf der Stelle. Die Liebe auf den ersten Blick. Das passierte auch der Familie Charaf als sie vor sechs Jahren zum ersten Mal das denkmalgeschützte ehemalige Vorster Pfarrhaus sah. "Es war direkt eine emotionale Bindung da. Was es allerdings heißt, wirklich in einem denkmalgeschützten Haus aus dem Jahr 1828 zu leben, das wussten wir damals noch nicht", sagt Gisela Charaf.
Wohnen im Denkmal
Das "Oh, es gehört mir, aber ich darf nicht alles ändern, wie ich es möchte", lernte man aber sehr schnell. Fassade, Treppenhaus samt Treppe, die Raumaufteilung und der Fußboden im Flur mussten so erhalten bleiben, wie sie waren. Charafs sahen darin kein Problem. Die Raumaufteilung fanden sie perfekt, die Fassade gefiel und die etwas mitgenommene Treppe sowie der Flurboden mit völlig zerstörten Fliesen sahen nur nach einer Renovierung aus.
Wie schwierig es allerdings ist, die richtigen Natursteinfliesen zu bekommen, musste Charaf schnell feststellen. In Absprache mit der Denkmalbehörde ging die dynamische Frau ans Werk. "Ich habe eine alte Platte mitgenommen und bin die Fachgeschäfte abgefahren. Nirgends gab es etwas ähnliches", erinnert sich die Vorsterin. In Grefrath zeigte sich dann ein Fachhandel sehr kooperativ. Er schickte die alte Platte an seinen Lieferanten, der wiederum einen Restposten alter ähnlicher Fliesen hatte. Charaf schlug sofort zu.
Dann aber das böse Erwachen, es waren zuwenig Fliesen. Die Suche ging weiter. "Aber wir haben es geschafft", meint Charaf und blickt liebevoll auf den Flurboden, den sie vor der Arbeit fotografierte, damit das alte Muster wieder genauso gelegt werden konnte.
Die nächste Überraschung brachte die Treppe mit sich. Die war mit Teppich, Füllstoffen und mehreren Schichten Lack zugekleistert gewesen. Und das schöne Geländer war hinter einer Sperrholzverkleidung verschwunden. Heute erstrahlt die Treppe wieder im alten Glanz. Wenn Charaf von dem ehemaligen Pfarrhaus spricht, leuchten die Augen der 42-Jährigen. Zu jedem Zimmer weiß sie ein Anekdötchen zu berichten, kennt auch die Geschichte, wie es einst genutzt wurde. "Ich habe mich mit den alten Unterlagen und Plänen vertraut gemacht. Mich hat es einfach interessiert, wer hier einst gelebt hat und wie", so die gebürtige Krefelderin.
So war der Bereich, der heute Arbeits- und Kinderzimmer sowie Bad beinhaltet, einst der große Saal. Daran, wo die gewaltigen Flügeltüren zum Saal früher hingen, erinnert heute noch der breite Türbogen.
Was die Charafs auch gelernt haben: Dass man eine Menge bürokratische Schreiben bekommt, wenn man in einem Denkmal wohnt und dass eigentlich nichts so ist, wie man es annimmt. Aber all das hat Gisela Charaf und Ehemann Youssouf nie bereuen lassen, im denkmalgeschützten Haus zu wohnen. "Wir lieben es", betonen beide.