Willich: Kunst für den Briefverkehr

Victor Malsy entwirft Briefmarken für die Deutsche Post. Er ist in Düsseldorf Professor für Design.

Willich. Manchmal können die kleinen Dinge einen glücklich machen. Da reichen ein paar Quadratzentimeter gezacktes Papier - "und trotzdem bin ich in aller Munde", sagt Victor Malsy. Er meint es wörtlich. Der Willicher ist Professor an der Fachhochschule in Düsseldorf im Bereich Design. Typografie und Buchgestaltung waren seine Welt, doch jetzt hat er sich den Briefmarken verschrieben. Der 50-Jährige, der mit seinem Partner Philipp Teufel ein Designbüro ("malsyteufel") in Willich führt, entwirft Postwertzeichen.

Die aktuelle Marke zum 125.Geburtstag Franz Kafkas ist eine Arbeit seiner Düsseldorfer Studenten. Die Ausgabe zum 125.Geburtstag von Joachim Ringelnatz, die am 7. August erscheint, hat er gemeinsam mit Gülsah Edis und Thomas Meyer designt.

Die Arbeit im Kleindimensionalen, Malsy nennt es eine Herausforderung. Der Mann, der mit seinem Team schon Ausstellungen auf 2000 Quadratmetern arrangiert hat, ist froh über die Abwechslung. "Man hat einfach Lust, auf einer kleinen Fläche etwas zu tun."

Als 1983 zum 100.Geburtstag Kafkas bereits eine Marke zu Ehren des Schriftstellers erschien, steckte Hobby-Philatelist Malsy diese brav in sein Album. "Ich hätte mir nie träumen lassen, dass ich mal selbst Briefmarken entwerfe."

Jetzt tut er es doch, wenn auch eher durch Zufall. Jemand empfahl den Professor aus Willich dem Kunstbeirat, der im Auftrag des Bundesministeriums der Finanzen über die Motivwahl entscheidet. Dieses Gremium verteilt die Aufträge für die neuen Marken an verschiedene Künstler.

Der beste Entwurf wird genommen. Malsy ist immer noch beeindruckt. "In meinen Augen war das der professionellste Wettbewerb, an dem ich bisher teilgenommen habe." Die Teilnehmer erhielten jedwede Unterstützung bei der Arbeit, "ob es jetzt um einen Besuch im Kafka-Archiv oder Ringelnatz-Museum ging".

Gearbeitet wurde im "Eins-zu-Eins"-Format. Damit alles so wirkt, wie es am Ende erscheinen wird. Der Fantasie sind Grenzen gesetzt - nicht nur durch das kleine Maß. "Es gibt dabei ein paar Vorgaben. Zum Beispiel muss das Wort ,Deutschland’ eine bestimmte Größe haben."

Am Ende hatten der Dozent und seine Studenten die Nase vorn. Doch ihr Motiv, das auf Platz eins landete, kam nicht in Druck. "Probleme mit den Rechten", erklärt Malsy. Denn auf der Marke sollte ein Foto von Anthony Perkins (Hitchcocks "Psycho"-Mörder) aus dem Film "Der Prozess" prangen, das so nicht veröffentlich werden durfte. Wie gut, dass Malsy & Co auch den zweitbesten Entwurf mit einer Schwarz-Zeichnung Kafkas - "das passt zu ihm" - abgeliefert hatten.

Noch eindeutiger sah die Sache bei Joachim Ringelnatz aus. "malsyteufel" belegte die Ränge eins bis drei. Ab August ziert also Millionen von Marken Ringelnatz’ Verwirrgedicht "Ein männlicher Briefmark". "Das passt doch wie die Faust aufs Auge", findet der stolze Entwerfer. Und im nächsten Jahr gibt es mit der Marke für den Historiker Golo Mann den nächsten "echten" Malsy am Postschalter. "Irgendwie scheint der Beirat uns in die literarische Ecke gesteckt zu haben", so der 50-Jährige. Ein "Traum-Motiv" wäre etwas Sportliches. "Am liebsten Marken zur Fußball-WM."