Willich: Demo der schwarzen Männer

Warnstreik: Bei den Schornsteinfegern herrscht dicke Luft. Sie demonstrierten gestern in Willich für höhere Löhne.

Willich. Den Paaren, die am Freitagmorgen im Standesamt am Kaiserplatz geheiratet haben, dürfte ein dauerhaftes Eheglück ganz sicher sein. Denn vor dem alten Rathaus waren die Glücksbringer gleich reihenweise aufmarschiert: Rund 40Schornsteinfeger in voller Montur gingen dort auf die Straße. Der Anlass war aber wenig erfreulich: Die Kaminkehrer kämpfen um höhere Löhne.

"Ein Warnstreik der Schornsteinfeger?" Als die schwarzen Männer mit Trillerpfeifen und roten Plakaten durch den Ortskern in Richtung Kaiserplatz zogen, ernteten sie immer wieder ungläubige Blicke. "Doch nachdem wir ihnen die Sachlage erklärt hatten, haben wir viel Zustimmung erfahren", erzählte Andreas Kramer, Regionalsekretär West der Schornsteinfeger-Gewerkschaft ZDS.

Die fordert für die bundesweit rund 8000 Beschäftigen der Branche ein Plus von sechs Prozent. "Das ist als Verhandlungsbasis und gemessen an anderen Branchen ausgesprochen wenig", ergänzte Landessprecher Stephan Lander.

Willich war als Ort der Demonstration nicht zufällig gewählt worden: Hier hat mit Landesinnungsmeister Hans-Günter Nellen ein wichtiger Vertreter der Arbeitgeberseite seinen Kehrbezirk. "Herr Nellen hat in den Verhandlungen bislang knallharte Interessen vertreten", sagte Kramer.

Was damit gemeint ist, konnten viele Willicher nach der Kundgebung auf einem Flugblatt nachlesen, das unter vielen Scheibenwischern geparkter Autos steckte: "Seit acht Monaten blockieren die Arbeitgeber einen Tarifvertrag. Trotz stetig steigender Preise fordern die Innungen längere Arbeitszeiten für weniger Lohn", heißt es dort.

Eine Schlichtung, so ergänzte Stephan Lander, hätten die Innungsfunktionäre bisher abgelehnt. Und auf das Angebot eines Sondierungsgespräches habe man nicht einmal eine Antwort erhalten. Das alles sei reine Verschleppungstaktik. "Doch wir sind auch zum Streik bereit, unsere Kassen sind voll", betonte Lander.

So ganz hat die Gewerkschaft die Hoffnung aber wohl noch nicht aufgegeben, dass es zu einer Einigung kommt: Auf dem Flugblatt werden die Willicher aufgefordert, sich von Hans-Günter Nellen die Handlungsweise seines Verbandes einmal erklären zu lassen. Dessen angestellter Schornsteinfeger war übrigens nicht bei der Demo dabei. "Bei Herrn Nellen wird kein Gewerkschaftsmitglied beschäftigt", verriet Andreas Kramer.