Willich: „Ein Kämmerer muss steuern“
Über 45 Jahre hat Theo Eckelboom in der Verwaltung gearbeitet. Ende Juni geht diese Zeit für ihn zu Ende.
Willich. "Wilde Hunde - Reservoir Dogs". Dieser Film fehlt ihm noch: Das frühe Meisterwerk von Quentin Tarantino zählen Experten zu den 100 besten Streifen aller Zeiten.
99 davon hat Theo Eckelboom, Kämmerer und Erster Beigeordneter der Stadt Willich, in seiner privaten Sammlung. Und ab sofort auch Zeit genug, auf die Jagd nach der Nummer 100 zu gehen.
Denn Film-Fan Eckelboom hat seit zwei Tagen Urlaub - und kehrt danach nicht mehr an seinen Schreibtisch zurück. Ende Juni geht seine Zeit bei der Willicher Stadtverwaltung zu Ende.
Am 1. April 1963 hatte die Verwaltungslaufbahn begonnen. Bei der Gemeinde Anrath war das, wo der 14-jährige Theo seine Ausbildung begann. "Als erste Amtshandlung musste ich Abschriften machen, Aufrechnungsbescheinigungen von Sozialversicherungskarten", erinnert er sich. Um trocken "so richtig vom Hocker gehauen hat mich das nicht" hinterher zu schieben.
Wie war er überhaupt im Rathaus gelandet? "Meine Eltern und mein Klassenlehrer, der auch Schulleiter war, haben das eingefädelt", erzählt Eckelboom. Die Gemeinde suchte damals Lehrlinge, fragte bei den Volksschulen an - und Klein-Theo bekam die Empfehlung des Hauptlehrers. "Ich hatte ein manierliches Zeugnis, war aber kein Überflieger."
Seine spätere Karriere war damals nicht absehbar, erst allmählich arbeitete Eckelboom sich hoch. Nach der Lehre entschied er sich für die Beamtenlaufbahn, landete in der Ausbildung zum mittleren Dienst mit einem Inspektor, der es später zum Bürgermeister von Helgoland brachte, in einem "Gemischtwaren-Laden". Dort wurden Liegenschaftsangelegenheiten ebenso bearbeitet wie Friedhofsverwaltung und Feuerwehrwesen. "Da konnte man viel lernen."
Die erste nennenswerte Funktion erreichte Eckelboom 1977 nach dem Aufstieg in den gehobenen Dienst: Er wurde stellvertretender Leiter des Haupt- und Personalamtes. Die weitere Karriereschritte folgten: 1979 wurde er Personalamtsleiter, 1984 Chef der Kämmerei. Und als Dieter Hehnen Stadtdirektor wurde, beerbte er ihn als Stadtkämmerer.
"Das war für mich eine ziemliche Umstellung", berichtet Eckelboom. Zwar hatte er als Kämmereileiter auch schon die "Finanzen am Bein". Aber statt komplizierter Detailarbeit musste er sich nun um das politische Geschäft kümmern: "Bei fast jeder Diskussion heißt es: Können wir uns das leisten? Und ein Kämmerer muss versuchen, hier zu steuern. Denn wenn es einmal an die konkrete Gestaltung eines Haushalts geht, ist es dafür zu spät."
Manchmal muss ein Kämmerer aber auch selbst Geld ausgeben. Vor dem Dilemma stand Eckelboom seit Mitte der 90er Jahre. Denn seitdem gehörte das Schwimmbad "De Bütt" zu seiner Zuständigkeit. Einerseits wolle man da das Geld der Stadt zusammenhalten, andererseits müsse ein Schwimmbad attraktiv bleiben. "Und dafür haben wir jetzt noch mal drei Millionen Euro in die Hand genommen." Dafür habe er sich stark gemacht.
Bei anderen Projekten ist Eckelboom wieder Spar-Meister. So beurteilt er die Einrichtung einer Mediothek skeptisch: "Wir wären nicht gut beraten, jetzt Großprojekte in die Welt zu setzen." Vorrang müsse die Instandsetzung des St.Bernhard-Komplexes haben. Insgesamt sei die Finanzlage der Stadt auf gutem Weg, in drei, vier Jahren habe man auch das Liquiditätsproblem überwunden.
Die spannendste Zeit seiner Karriere waren die 17Jahre als Kämmerer und - später - Erster Beigeordneter. In diesen Funktionen habe er viel gestalten können. Sein Lieblingsprojekt war das Stahlwerk Becker. Eckelboom nennt ein Beispiel: Die Idee zum Bau des Beschäftigungs- und Leistungszentrums sei im kleinen Kreis entworfen und innerhalb von zwei Tagen in die Stiefel gestoßen worden. "Wenn man die Entscheidungsträger alle kennt, ist so etwas möglich. Das hat richtig Spaß gemacht."
Zum Kapitel Frust gehörten dagegen endlose Diskussionen über den neuen Tarifvertrag im öffentlichen Dienst: 39 Freitag-Vormittage seien dafür drauf gegangen - "und am Ende gab es trotzdem kein zufriedenstellendes Ergebnis".
Doch dieses Kapitel liegt jetzt hinter ihm. Noch einige (freiwillig besuchte) Ausschuss-Sitzungen und Aufsichtsräte, die offizielle Verabschiedung am 30. Juni - dann ist er endgültig im Vorruhestand. Im September wird Eckelboom 60, er freut sich jetzt darauf, mit seiner Lebensgefährtin die Zeit neu organisieren zu können. Und vielleicht kommt er dann endlich dazu, wirklich alle seiner 1200 Spielfilme einmal anzuschauen.