Büderich: Böhler-Siedlung wird verkauft

Neuer Eigentümer für 879 Wohnungen und Einfamilienhäuser in Büderich gesucht.

Büderich. Das Haus der Arbeiterwohlfahrt (Awo) am Kapittelsbusch in der Böhlersiedlung ist mit Menschen überfüllt. Die Sitzplätze im großen Versammlungsraum sind schon alle lange belegt und auch die Leute, die keine Sitzgelegenheit mehr gefunden haben, stehen dicht an dicht. Allein die große Präsenz der Anwohner der Böhlersiedlung zeigt: Bei dieser Veranstaltung des Büdericher SPD-Ortsvereins geht es um ein Thema, das die Menschen sichtlich bewegt.

Grund dafür ist, dass Corpus Sireo, seit Januar 2007 Eigentümer der 879Wohnungen und Einfamilienhäuser der ehemaligen Böhler-Werkssiedlung, die Immobilien erneut im Paket an einen Investor verkaufen möchte.

Ilse Niederdellmann, Fraktionsvorsitzende der Meerbuscher SPD, wendet sich an die beunruhigten Bürger: "Wir wollen Sie heute Abend vor allem informieren und Ihnen Ängste nehmen." Fest steht jedoch, dass Corpus Sireo die Siedlung veräußert. Thomas Bruns sagt als Corpus-Vertreter: "Wir haben die Absicht, die Immobilien bis zum 31.Dezember zu verkaufen und stehen in Verhandlungen mit Investoren. Allerdings werden wir auch darauf achten, einen Investor mit sozialer Kompetenz zu finden."

Ein Grund hierfür ist, dass für 424Wohnungen im Grundbuch eine so genannte Sozialcharta festgeschrieben ist. Im Jahr 1996, als Böhler die Siedlung an den Gerling-Konzern verkaufte, wurde allen damaligen Bewohnern dieses Sonderrecht eingeräumt.

Angelika Mielke-Westerlage, Erste Beigeordnete der Stadt, erklärt die Konditionen: "Für diese Wohnungen gibt es einen besonderen Mieterhöhungsschutz mit einer Obergrenze von 4,85Euro pro Quadratmeter sowie einen besonderen Kündigungs- und Umwandlungsschutz. Diese Konditionen sind bis 2021 gültig." Ihr zufolge fallen außerdem 404 Wohnungen unter das so genannte Wohnungsbindungsgesetz, das allerdings nur einen Mieterhöhungsschutz beinhalte. Dies liege daran, dass der Böhlerkonzern beim Bau öffentliche Zuschüsse erhalten habe und deshalb preisgünstige Mieten garantieren musste.

Jürgen Becher vom Deutschen Mieterbund NRW bemüht sich, auch die Anwohner, die nicht von diesen Sonderrechten betroffen sind, zu beruhigen: "Seit 2001 ist der Mieterschutz deutlich verbessert worden. Niemand muss sich vor einer Kündigung fürchten."

Einige Bewohner der Einfamilienhäuser der Böhlersiedlung äußern aber auch den Wunsch, ihre Häuser privat zu erwerben. Thomas Bruns schließt das jedoch zum gegenwärtigen Zeitpunkt aus: "Wir stehen momentan in Verhandlungen mit Investoren, außerdem liegen die Häuser meistens auf mehreren Grundstücken und auch die Stadt muss hier mitentscheiden." Mielke-Westerlage zeigt an dieser Stelle jedoch Kooperationsbereitschaft. Außerdem will sie mit Corpus Sireo über das Interesse des Bauvereins Meerbusch sprechen, der gerne 100 Wohnungen der Siedlung erwerben möchte.

Jürgen Becher appelliert abschließend noch einmal an die Zuhörer: "Sie haben Rechte, Sie müssen Ihre Rechte nur nutzen. Wir vom Deutschen Mieterbund stehen Ihnen dabei zur Seite."