Büderich: Verwandelt werden - Persönliche Schicksalsberichte in Kissen verpackt

Ute Bartel überrascht in der Christuskirche mit ihrer Klanginstallation „Stille Geschichte“

Büderich. "Ich höre gerne alten Menschen zu", sagt Ute Bartel und benennt damit den Ausgangspunkt einer Idee, die jetzt im Rahmen der Kulturreihe "Verwandelt werden" als Klanginstallation in der Christuskirche erlebt werden kann: Zehn Kissen liegen auf den Buchablagen der Kirchenbänke, in jedem befindet sich ein Kassettenrecorder.

Zu hören sind die Lebensgeschichten älterer Menschen, mit denen Bartel sich unterhalten hat. "Ich habe sie nicht interviewt", betont die Kölnerin, "sondern lediglich versucht, einen Stein ins Rollen zu bringen. Eine Frage hat oft gereicht, und es sprudelte aus ihnen heraus."

"Stille Geschichte" hat Ute Bartel ihr Projekt genannt. Und es funktioniert. Bei der Vernissage sinken zahlreiche Köpfe auf die Kissen nieder, um den Berichten, die bewusst leise abgespielt werden, neugierig zu lauschen. "Diese Menschen waren mir vorher alle fremd", erläutert die Künstlerin. "Ich habe nur darauf geachtet, dass sie offen sind und gerne erzählen."

Jeweils zwölf Minuten hat Bartel für eine Aufnahme aus bis zu 90 Minuten langen Monologen zusammengeschnitten. Die Themen sind so verschieden wie die Menschen, die sie aufgreifen. Größtenteils geht es um alltägliche Dinge, und das liegt genau in der Absicht der 45-Jährigen. "Ich möchte mit meiner Kunst vermeintlich rein funktionale Gegenstände und Aktivitäten, die andere vielleicht als langweilig empfinden, ins Blickfeld rücken. Wichtigstes Anliegen war hier, dass die Geschichten sehr persönlich sind."

Die Idee, die Schicksalsberichte in Kissen zu verpacken, drängte sich schon aus tontechnischen Gründen auf. "Hätte ich die Kassettenrecorder auf das blanke Holz der Bänke gelegt, wäre der Klang blechern gewesen", sagt Bartel. Das Kissen als dämpfende Umhüllung habe dagegen etwas Einladendes. Denn wer die Kirche betritt, nimmt die Stimmen zunächst nur als leisen Klangteppich aus Gemurmel wahr - ähnlich einem stillem Gebet. Die Klangquellen erschließen sich erst nach kurzer Orientierung.

Dass ein Gotteshaus für ihre Kunst die ideale Umgebung sei, daran lässt Ute Bartel keine Zweifel: "Die Kirche ist ein kollektiver Ort, wo viele private und intime Gedanken von Menschen zwar anwesend sind, aber eben ungehört bleiben. Durch die Installation wird das Individuelle auf eine zurückhaltende Art in den Mittelpunkt gerückt."

Die Installation "Stille Geschichte" von Ute Bartel ist in der Christuskirche, Karl-Arnold-Straße 12, noch bis zum 2. April "hörbar": Mi. und Fr. 17-19 Uhr, So. 11-13 Uhr.