Interview mit Kreisdezernent Karsten Mankowsky: „Sorgen, die wir ernst nehmen“
Die WZ sprach mit Kreisdezernent Karsten Mankowsky über Müllentsorgung, Klimawandel und Gesundheitsfragen.
Rhein-Kreis Neuss. WZ: Herr Mankowsky, die Verbrennung von Giftmüll aus Australien bei Bayer beschäftigt nicht nur die Dormagener, sondern auch Kreis- und Landtag. Wie bewerten Sie das Thema?Mankowsky: Wenn Sondermüll quer über den Erdball verschifft wird, ist die Frage nach dem Sinn berechtigt. Der Transport ist daher sicher das größte Problem. Zu einer Industriegesellschaft gehört aber auch die Entsorgung. Und da ist es besser, dass giftiger Raffinerie-Müll in einer hochtechnologischen Anlage verbrannt wird, als dass er, wie zum Beispiel in Abidjan an der Elfenbeinküste illegal entladen wird. WZ: Offensichtlich gibt es in der Bevölkerung große Vorbehalte gegen das Geschäft von Bayer mit dem australischen Sprengstoffunternehmen Orica. . .Mankowsky: Ja, das stimmt. Zahlreiche Bürger haben auch bei uns im Umweltamt nachgefragt. Das sind Sorgen, die wir ernst nehmen. Da in Dormagen Hexachlorbenzol (HCB) bereits seit Jahren regelmäßig entsorgt wird, hat Bayer - was die Informationspolitik angeht - das Thema wohl anfangs unterschätzt. Der Tag der offenen Tür im Chemiepark war wichtig, um die Bürger genauer über Sicherheitsstandards und Mechanismen aufzuklären. Die Anlage wird von der Bezirksregierung gut überwacht, die Messergebnisse stehen ihr ständig zur Verfügung. Wir sollten aber ehrlich sein und zugeben: Auch der Rhein-Kreis Neuss verbrennt seinen Hausmüll nicht hier, sondern in Düsseldorf und Krefeld. Und da geht es immerhin um 100 000 Tonnen. WZ: Ist es global gesehen von Vorteil, dass der Bau einer Verbrennungsanlage in Australien gescheitert ist?Mankowsky: Das ist schwer zu sagen. Der Kreis hat jedenfalls Mitte der 90er Jahre die Zusammenarbeit in der Region gesucht und deshalb auf eine eigene Anlage verzichtet. Davon profitieren wir nicht zuletzt durch günstige Entsorgungsgebühren. WZ: Nicht alles läuft reibungslos. Nachdem das Gocher Unternehmen HML seit Januar für den Abtransport der Gelben Tonne zuständig ist, hat es reichlich Beschwerden gegeben. . .Mankowsky: Es gab Schwierigkeiten bei der Abgleichung der Müllkalender. Wir haben uns mit HML zusammengesetzt, mittlerweile sollte sich alles soweit eingespielt haben. Jedenfalls gibt es keine Beschwerden mehr. WZ: Macht denn die Gelbe Tonne überhaupt noch Sinn?Mankowsky: Ich habe da meine Zweifel. Leider ist ein Großversuch der Dualen System Deutschland GmbH, mit der Zebra-Tonne ein einheitliches System einzuführen, wegen Vorbehalten nicht zustande gekommen. Daher wird Kunststoffmüll weiter in der Gelben Tonne entsorgt. WZ: Noch vor 20 Jahren hat jedermann seinen Müll nach Gutdünken weggeworfen, trennen Sie Ihren Müll zu Hause?Mankowsky: Ja, ich sortiere Plastik, Papier und Glasflaschen. WZ: Wie sehr beschäftigt das Thema Müll ihre tagtägliche Arbeit?Mankowsky: Das Abfallwirtschaftskonzept im Rhein-Kreis Neuss hat sich bewährt. Zu Beginn meiner Dezernententätigkeit war es das beherrschende Thema. In dieser Zeit habe ich mich zu 70 Prozent meiner Arbeit mit Umweltthemen und zu 30 Prozent mit Gesundheitsfragen auseinandergesetzt. Mittlerweile hat sich das Verhältnis komplett gedreht. WZ: Was glauben Sie, welches Umweltthema in den kommenden Jahren im Fokus steht?Mankowsky: Der Klimawandel ist in aller Munde, ganz real, rund um den Globus. Wir müssen umdenken und auf erneuerbare Quellen wie Wind, Biomasse, Wasser und Solarkraft setzen. Der Anbau von Energiepflanzen ist auch für den Rhein-Kreis sehr interessant. Man könnte mit Getreide heizen und auf diese Weise fossile Brennstoffe wie zum Beispiel Heizöl einsparen. Wir haben wertvolle Böden im Kreis, da bleibt der Anbau von Lebensmittelpflanzen natürlich weiterhin interessant. WZ: Sie haben die Gesundheit angesprochen. Welchen Herausforderungen muss sich der Kreis hier stellen?Mankowsky: Die Menschen werden immer älter. Auf die Konsequenzen müssen wir uns vorbereiten. Mit der Gesundheitskonferenz und einem Aktionsprogramm sind wir auf dem richtigen Weg. In einem neu gegründeten Arbeitskreis treffen sich regelmäßig Ärzte, Kassenvertreter, Pflegekräfte und Heimleiter, um konkrete Gesundheitsziele für ältere Menschen vor allem in Altenheimen zu erarbeiten. WZ: Wie sieht es mit der Gesundheit bei Kindern aus?Mankowsky: Da müssen wir mehr tun. Wir wollen die motorischen Fähigkeiten von Kindern mit Initiativen wie dem Hüpfdötzchen-Projekt fördern. Mit der Aktion "Gewichtig" wollen wir die Übergewichtsrate bei Kindern um 20 Prozent senken. In den nächsten drei Jahren stehen uns 700 000 Euro Förder- und Spendengelder dafür zur Verfügung, um in Kindertagesstätten und Schulen Aktionen zum Thema Bewegung, Ernährung und seelische Gesundheit durchzuführen.