Denkmalschutz: Die Alte Vikarie gammelt vor sich hin
Seit Jahren liegt das Kleinod still. Jetzt ist es Kulisse eines Biergartens.
Osterath. Das Haus stammt mindestens aus dem 18. Jahrhundert, ist möglicherweise gar 100 Jahre älter: die alte Vikarie in Osterath, direkt neben der Depesche gelegen. Bis 1999 wurde das Gebäude als Wohnhaus genutzt. Weiß verputzt stand es an der Ecke Hochstraße/Bommershöfer Weg, später mit so genannter Vorhangfassade verkleidet.
Zwei Damen bewohnten es, als es im März 1985 in die Denkmalliste eingetragen wurde. An der Wohnnutzung änderte sich auch bei dem Besitzerwechsel nichts, doch seit Ende 1999 steht das Gebäude auf dem nur etwa 250 Quadratmeter großen Grundstück leer.
Der neue Besitzer hatte viel vor: Er riss die Verkleidung ab, legte die Mauer und das Fachwerk unter dem Putz frei und wollte das Kleinod fachgerecht zum Wohnhaus restaurieren.
Das ging jedoch so gründlich schief, dass die Stadt die Baustelle stilllegte. "Die Arbeiten wurden technisch und denkmalpflegerisch unsachgemäß ausgeführt", erklärt Bauordnungsexperte Reinhard Lutum diesen Schritt. Alte Holzbalken wurden mit Metallplatten verbunden, die neue Bodenplatte wurde nicht unterfüttert und riss. "Ganz offensichtlich gibt es Mängel in der Statik."
Die Folge: Eigentümer und Architekt stritten vor Gericht. Gutachter von Rang wie der "Fachwerkpapst" aus Fulda, Manfred Gerner, bestätigten laut Lutum "gravierende Fehler" und kamen zu dem Schluss, dass 100 000 Euro allein in die Mängelbeseitigung zu investieren seien.
2005/2006 setzten sich der Eigentümer und ein neuer Kaufinteressent schließlich mit Lutum und einem Sachverständigen für historische Bauten des Rheinischen Amtes für Denkmalpflege an einen Tisch und entwickelten ein Instandsetzungskonzept. "Wir wollten das Projekt retten und das Denkmal nicht untergehen lassen", sagt Lutum.
Das Ergebnis: 180 000 Euro würde die Mängelbeseitigung kosten: eine neue Bodenplatte, das Ständerwerk aus Holz, die historischen Farben für das innere Fachwerk, die Restaurierung der Bodenhölzer und des Dachaufgangs inklusive. "Es ging nicht darum, einen Sack voller Fehler zu kaufen", betont Lutum.
Doch alle Mühen waren vergebens: Ende 2006 waren die Kaufverhandlungen gescheitert.
Irgendwann trat ein neuer Architekt an Reinhard Lutum heran. Ihm wurde das Instandsetzungskonzept zur Verfügung gestellt, doch seitdem herrscht Stille zwischen Eigentümer und Stadt.
Das Grundstück ist etwa 240 Quadratmeter groß. Das Haus verfügt über 527 Kubikmeter umbauten Raum.
Knapp 130 Quadratemeter Wohnfläche verteilen sich über Erd-, Ober- und Dachgeschoss. "Ein Liebhaberobjekt", sagt Bauordnungsexperte Reinhard Lutum.
Die Kölner Balkendecke im Erdgeschoss lässt Denkmalschützer schwärmen.
Ganis Kolioutsis, Eigentümer der Depesche, hat das Hausgemietet, die Trennmauer abgerissen, den Boden geebnet, Tische undBänke in den Garten gestellt.
Nach der Sanierung will Kolioutsis das Haus nutzen. Wie istnoch offen. Alles außer Wohnen - Weinstube, Büros, Galerie - würde eineneue Genehmigung erfordern.
Kolioutsis rechnet im Herbst - nach der Biergarten-Saison - mit dem Sanierungsbeginn.