Der Energiespardetektiv

Der Ingenieur Dirk Halffter darf Energieausweise ausstellen.

Rhein-Kreis Neuss. Dirk Halffter klappt die Treppe zum Dachboden aus. Ein Schwall staubtrockener, heißer Luft schlägt dem Gebäudeenergieberater entgegen. Draußen sind es über 30 Grad. Seit Stunden knallt die Sonne auf das Dach des Hauses in Hoisten. Auf dem Dachboden ist es heiß wie in einer Sauna. Halffter muss trotzdem hoch.

Denn die Sparkasse Neuss, Eigentümerin des Wohn- und Geschäftshauses, das neben einigen Läden auch eine Sparkassen-Geschäftsstelle beherbergt, hat ihn beauftragt, einen Energieausweis anzufertigen. Dazu muss er die ganze Immobilie inspizieren, von den Dachböden bis zu den beiden Kellern.

"Ich schaue in alle Ecken, ob die sauber sind oder nicht, ist mir egal", sagt der 42-Jährige. Auf dem Speicher prüft er die Isolierung unter den Dachschindeln. Sein Befund: "Sie ist in Ordnung." Er sieht sich um. Weil überall Wäscheleinen hängen, vermutet er, dass die Bewohner hier ihre Wäsche trocken.

Das bezieht er in seinen Vorschlag für die Wärmedämmung mit ein: "Eine Dämmung der Dachschrägen kommt nicht in Frage, weil sonst die Luft nicht zirkulieren und sich durch die nasse Wäsche Schimmel bilden kann. Also kommt auf den Fußboden eine begehbare Wärmedämmung."

Halffter geht durchs Haus. In einer Wohnung begutachtet er die Heizkörper und Thermostate. "Die alten schwarzen Dreiecksthermostate sind nicht mehr zugelassen. Die kann man tauschen. Neue kosten nur 50 bis 60 Euro und sparen viel Energie." Draußen klopft er an den Putz. "Wenn es hohl klingt, ist die Außenwand gedämmt", weiß er.

Natürlich hat Halffter auch eine Wärmebildkamera, mit der sich sehr anschaulich zeigen lässt, welche Teile eines Gebäudes die meiste Wärme abstrahlen, also schlecht isoliert sind. Die bleibt aber die meiste Zeit des Jahres zuhause. "Leider funktioniert eine Wärmebildkamera im Sommer nicht. Man kann sie effektiv erst ab vier Grad Celsius und kälter einsetzen. Außerdem darf es dann weder regnen noch neblig sein", sagt Halffter.

Sein herkömmlicher digitaler Fotoapparat kommt allerdings ständig zum Einsatz, im Heizungskellern zum Beispiel. Die Gaszentralheizungen sind von 1990. Er fotografiert die Typenschilder, um später im Büro am Computer die genaue Typenbezeichnung in das Berechnungsprogramm eintragen zu können.

Mit einer kleinen LED-Taschenlampe inspiziert er die Pumpen zweier Heizkreise. "Die Pumpen brauchen Strom. Neuere Modelle sparen bis zu 100Euro Strom im Jahr", erklärt er. Die Pumpe im Nachbarkeller fand er überproportioniert und veraltet. Er empfiehlt, sie auszutauschen. Mit dem anderen Heizungskeller ist er zufrieden, denn die Rohre sind gut isoliert, die Heizungen zwar nicht auf dem neusten aber auf einem akzeptablen Stand.

Eine bis zwei Stunden dauert die die Inspektion eines Einfamilienhauses, bei dieser Mischimmobilie hat Halffter knapp drei Stunden investiert. Bis er den Energieausweis ausstellen kann, werden noch einmal 15 bis 20 Stunden Arbeit vor Computerbildschirm nötig sein, schätzt er. Viel Arbeit für ein Stück Papier.

Dass er vor drei Jahren die Ausbildung zum Gebäudeenergieberater des Handwerks bei der Handwerkskammer gemacht hat, bereut der Diplom-Ingenieur aber keinesfalls: "Es ist ein boomender Wirtschaftszweig. Meine Auftragsbücher sind voll." Allerdings nimmt er sich fest vor, kein weißes Hemd mehr zu tragen, wenn er das nächste Mal auf einen Dachboden steigen muss.