Meerbusch: Auf Deutsch diskutieren lernen

Einbürgerung: An der Volkshochschule drücken Ausländer die Schulbank für ihr Sprachdiplom.

Meerbusch. 25 Prüfungsarbeiten stapeln sich auf dem Schreibtisch von Ingrid Terrana-Kalte. Korrigieren muss die Leiterin der Volkshochschule diese nicht, nur weiterleiten nach Frankfurt zur Telc Gmbh, einer Tochtergesellschaft des Deutschen Volkshochschulverbandes, die das Europäische Sprachzertifikat vergibt.

Die 25 Teilnehmer der mündlichen wie schriftlichen Deutsch-Prüfung auf (mittlerem) B1-Kompetenzniveau kommen aus 18 verschiedenen Ländern und haben zum Großteil vor allem eines im Sinn: Sie streben die deutsche Staatsangehörigkeit an.

Was bis September vergangenen Jahres noch weitgehend in der Entscheidungsbefugnis eines einzelnen Beamten lag, erfordert jetzt eben jenes Sprachdiplom, für das die Absolventen bei bestandener Prüfung 600 Stunden gebüffelt haben.

"Ich kann mich einfach, aber zusammenhängend über vertraute Themen und persönliche Interessengebiete äußern. Ich kann über Erfahrungen und Ereignisse berichten, Perspektiven, Hoffnungen und Ziele beschreiben und zu Plänen und Ansichten kurze Begründungen und Erklärungen geben" - so definiert auszugsweise der gemeinsame europäische Referenzrahmen für Sprachen die B1-Kompetenzstufe.

Dafür müssen die Kursteilnehmer in der Volkshochschule zum Beispiel Überschriften bestimmten Zeitungstexten zuordnen, Multiple-Choice-Fragen beantworten, fehlende Sprachbausteine in Lückentexte einsetzen oder nach Vorgaben formgerecht einen Brief aufsetzen.

Rund dreieinhalb Stunden dauert dann die eigentliche Prüfung, jeweils 60 Prozent richtig beantwortete Fragen oder zufriedenstellend gelöste Aufgaben im mündlichen und schriftlichen Teil gelten als ausreichend.

Dennoch ist es gerade der mündliche Teil, der einbürgerungswilligen Ausländern oft ein gehöriges Maß an Überwindung abverlangt. "Es werden Gesprächssituationen simuliert. Man soll sich bekannt machen, über einen vorgegeben Text diskutieren oder nach einer gewissen Vorbereitungszeit zusammen ein Fest oder eine Reise organisieren", zählt Terrana-Kalte mögliche Aufgaben des zentral bei der Telc in Frankfurt ausgetüftelten Fragenkatalogs auf.

Sie empfiehlt, das von der VHS angebotene Prüfungstraining an vier Samstagen wahrzunehmen, "da werden gezielt Modelltests durchgeführt". Das sei allein schon deswegen ratsam, weil die Prüfer von auswärts kommen und den angehenden Absolventen nicht bekannt sind.

Das nachweisbare Erlernen der deutschen Sprache macht in den Augen von Terrana-Kalte Sinn: "Ein Ausländer hat etwa vor Gericht den Anspruch auf einen kostenlosen Dolmetscher. Ein Deutscher nicht", nennt sie ein Beispiel.

Auch wenn jetzt zum ersten Mal Integrationskursteilnehmer das Sprachzertifikat bei der VHS erwerben wollen, hat sich bei der Durchführung der Kurse für Ingrid Terrana-Kalte vom Prinzip her nichts geändert. Das sieht bei den Einbürgerungstests, die ab September diesen Jahres zusätzlich erforderlich sind, anders aus. "Da fehlen uns auch die Erfahrungswerte", so die Pädagogin.

Horrorszenarios bei den Tests, deren Inhalt man im weitesten Sinne mit Landeskunde umschreiben kann, mit Fragen, die nicht einmal ein Deutscher richtig beantworten kann, befürchtet sie aber nicht. "In den Einbürgerungstests wird es letztlich auch darum gehen, Multiple-Choice-Fragen zu beantworten, die sich vorwiegend mit dem deutschen Rechtssystem, vergleichsweise einfachen Fakten aus der deutschen Geschichte oder dem Aufbau der Demokratie hierzulande beschäftigen."