Strümp: Gemeinschaftsschule - Schlaflose Nächte vor der Schulwahl
Die SPD diskutiert mit Experten über das Für und Wider langen, gemeinsamen Lernens.
Strümp. Zu einer Podiumsdiskussion unter dem Motto "Gemeinschaftsschule - Gymnasium für alle?!" hatte die SPD-Meerbusch Parteimitglieder und interessierte Bürger in das Restaurant Strümper Hof geladen. Das brisante Thema wurde dabei von prominenten Podiumsteilnehmern heiß diskutiert.
So hatte man mit Norbert Müller den stellvertretenden Landesvorsitzenden der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW) und mit Jochen Ott den Vorsitzenden der Kölner SPD, Mitglied des Landtags NRW sowie Leiter der Projektgruppe Schule und Bildung, eingeladen.
Für den Meerbuscher Stadtelternrat war Ulla Bundrock-Muhs anwesend, die Meerbuscher Schullandschaft vertrat Jörg Winterwerb (Schulleiter des Mataré-Gymnasiums). Die Sichtweise einer Grundschullehrerin schilderte Karin Solbach-Kandel.
Jochen Ott, der einer der großen Befürworter der Gemeinschaftsschule ist, betont, dass die Frage der Schulstruktur eine wichtige Rolle in den SPD-Visionen von Bildungspolitik spiele. Insbesondere die Hauptschule als "problematische Schulform" sei wegen rückläufiger Schülerzahlen und schlechter Ausbildungschancen der Absolventen kaum zu retten.
Mit der Einführung der Gemeinschaftsschule wolle man deshalb eine frühzeitige Auswahl nach der vierten Klasse verhindern und in den Jahrgangstufen 5 und 6 auf heterogene Klassen setzen, in denen die Kinder individuell gefördert werden sollen. Erst ab Klasse 7 solle die Trennung in Gymnasial-, Real- und Hauptschulzweig erfolgen.
Zudem soll die Gemeinschaftsschule verhindern, dass Schüler bei einem Scheitern am Gymnasium direkt auf die Hauptschule wechseln müssen, wenn Realschulen und Gesamtschulen wegen Überfüllung niemanden mehr aufnehmen.
Auch Norbert Müller hofft auf die Einführung der Gemeinschaftsschule und weist in diesem Zusammenhang noch einmal auf die 60 000 Schüler hin, die jährlich in NRW ein Schuljahr wiederholen müssen. Das von der CDU geplante Sitzenbleiber-Ranking zwischen den Schulen hält er dabei allerdings nicht für eine Lösung, sondern für eine "Diskriminierung der Kollegen". Außerdem stellt Müller heraus, dass gerade das frühe Auswahl häufig zu einer "schichtenspezifischen Auslese" führe.
Ulla Bundrock-Muhs weist darauf hin, dass man den gesamten sozialen Hintergrund betrachten müsse und dabei nicht außer Acht lassen dürfe, dass die Hauptschulen "gesellschaftlichen Sprengstoff" darstellen.
Als gar nicht einverstanden mit der Idee der Gemeinschaftsschule zeigt sich der parteilose Schulleiter Jörg Winterwerb, der Meerbusch eine intakte Schullandschaft bescheinigt und das System der Eliteförderung weiterhin unterstützt.
Seine Haltung zur Gemeinschaftsschule drückt er dabei mit einem Zitat des Philosophen Immanuel Kant aus: "Das mag in der Theorie richtig sein, taugt aber nicht für die Praxis." Seiner Meinung nach ist es zudem sinnvoller, wenn die Reformen, die schon auf den Weg gebracht wurden, zunächst einmal zu Ende geführt würden, als dass man jedes halbe Jahr aufs Neue glaube, den Stein der Weisen gefunden zu haben.
Grundschullehrerin Karin Solbach-Kandel findet das Gemeinschaftsschul-Modell noch zu halbherzig. "Warum soll der heterogene Unterricht nach der 6. Klasse enden? Wenn ich eine Entscheidung treffen muss, welche weitere Schulform geeignet ist, bereitet mir das oft schlaflose Nächte. Ich denke, dass die Kollegen bei einem Zwölfjährigen vor einem ähnlichen Problem stehen. Auch dann weiß man noch nicht, wie sich das Kind entwickelt."
25. August Bildungspolitischer Parteitag der NRW-SPD. Der Leitantrag sieht u.a. ein Recht auf Betreuung ab dem 1. Lebensjahr, Gebührenfreiheit und längeres, gemeinsames Lernen in der Gemeinschaftsschule vor.