Die Stadt Neuss erhält mehr Geldfür Flüchtlinge als sie ausgibt

Vom Land gab es pauschal 6,6 Millionen Euro für Versorgung der Asylbewerber. Direkt für die Flüchtlingsarbeit ausgegeben hat die Stadt weniger.

Foto: Andreas Woitschützke

Neuss/Rhein-Kreis. Während die Kommunen landauf, landab über die gewaltigen Kosten klagen, die durch die Aufnahme von Flüchtlingen entstehen, genießt die Stadt Neuss einen warmen Geldsegen. Sie erhielt pauschal für die Versorgung ihrer Flüchtlinge 6,6 Millionen Euro. Das sind 5,9 Millionen mehr als erwartet und vier Millionen mehr, als sie nach eigenen Angaben direkt für die Flüchtlingsarbeit ausgab. Von einem Profit will Sozialdezernent Stefan Hahn aber nicht sprechen. Die tatsächlichen Vollkosten lägen „in Höhe der erhaltenen 6,6 Millionen Euro“.

Stefan Hahn, Sozialdezernent, der einen Profit für die Stadt verneint

Aktuell leben 2700 Flüchtlinge in Neuss. Dennoch wird die Stadt für die Unterbringung und Versorgung dieser Menschen bis Ende des Jahres nicht einen Euro aus ihrer Stadtkasse entnehmen müssen. Das bestätigte auf Anfrage Stefan Hahn.

Der Beigeordnete, der im Rathaus die Flüchtlingshilfe koordiniert, weist Vorhaltungen zurück, Neuss „verdiene“ mit den Flüchtlingen Geld. Im Vergleich zu anderen Kommunen sieht der Beigeordnete allerdings Neuss „deutlich im Vorteil“. Die Stadt werde jetzt dafür belohnt, dass sie bereits frühzeitig im Jahr 2012 „pro aktiv“ das leerstehende ehemalige Krankenhaus der Alexianer-Brüder an der Nordkanalallee dem Land NRW angeboten habe.

Neuss gewinnt, weil das Land NRW doppelt für die Flüchtlinge zahlt, die in der Zentralen Unterbringungs-Einrichtung (ZUE) leben. Von den 2700 Flüchtlingen, die im Stadtgebiet leben, sind knapp 2000 in den ZUE-Standorten im „Alex“ und an der Aurinstraße untergebracht, die vom Land NRW unterhalten und bezahlt werden. Diese Flüchtlinge werden dort registriert, untersucht und anschließend innerhalb weniger Wochen den Kommunen im Land dauerhaft zugewiesen.

Dank der vielen ZUE-Plätze muss Neuss nur relativ wenige Flüchtlinge dauerhaft aufnehmen, etwa 700. Da jedoch das Land NRW seine Pauschalbezuschussung nach einem Schlüssel überweist und die ZUE-Flüchtlinge nicht mehr herausrechnet, profitiert Neuss finanziell in einem erheblichen Ausmaß. In den Genuss dieses Vorteils kommen alle NRW-Kommunen, die Standort einer Landeseinrichtung zur Flüchtlingsaufnahme sind. Dazu sollen auch die Erstaufnahme-Notunterkünfte in Dormagen und Grevenbroich zählen.

Doch in Grevenbroich wird auf Nachfrage eine andere Rechnung aufgemacht. Die Stadt hatte im Sommer als Amtshilfe in der Alten Feuerwache und der Turnhalle nebenan eine Notunterkunft für 150 Flüchtlinge eingerichtet. Auch die Grevenbroicher Notunterkunft wird, wie Stadtsprecherin Ines Hammelstein erklärt, vom Land finanziert. Allerdings: „Die pauschalen Zuweisungen für die Flüchtlinge zahlt das Land uns nur für die dauerhaft der Stadt zugewiesenen Asylbewerber, nicht für die Flüchtlinge in der Notunterkunft“, sagt Hammelstein.

Die Stadt Grevenbroich muss in diesem Jahr im Gegensatz zu Neuss aus eigener Tasche für die Flüchtlingsarbeit zahlen, und zwar rund 2,3 Millionen Euro. Die vom Land gezahlten Pauschalen reichen laut Kämmerin Monika Stirken-Hohmann nicht aus, um die Kosten zu decken.

In den kommenden Jahren kann die Stadt Grevenbroich wie auch Dormagen wohl mit höheren Zuweisungen rechnen. Für 2016 erhalten die Kommunen zum Stichtag 1. Januar pro Flüchtling und Jahr 10 000 Euro vom Land. Das bezieht sich aber nur auf die zugewiesenen Asylbewerber, nicht auf die Flüchtlinge in den Notunterkünften.