Dormagen: Pädagogen schwingen die Keulen

Am Raphaelshaus werden 13 Mitarbeiter als Zirkuspädagogen geschult. Jetzt zeigten sie erste Erfolge in der Manege.

Dormagen. Wer Zirkuspädagoge werden will, darf nicht zimperlich sein. Ein blaues Auge nach dem Jonglieren mit Keulen, angestoßene Knie vom Training auf dem Einrad, die Angst, auf dem Seil eine schlechte Figur zu machen - all dies gehört zur Ausbildung. Dazu kommt stundenlanges Üben nach Feierabend. 13 Mitarbeiter des Raphaelshauses absolvieren derzeit diese zusätzliche Ausbildung zum Zirkuspädagogen.

Jetzt luden sie Freunde und Förderer sowie Mitarbeiter des Dormagener Jugendamtes ein, sich die Arbeit in der Manege anzuschauen. Seit einem Jahr unterrichtet das Kölner Artistenehepaar Luise Sorrentino und Jan Soencksen die Fachkräfte aus der Jugendeinrichtung einmal pro Woche drei Stunden lang. "Das reicht, um die grundsätzlichen Ansätze zu zeigen, den Rest müssen sie zuhause einüben, bis es klappt", sagt Jan Soencksen schmunzelnd und wirbelt gekonnt sechs Jonglagekeulen durch die Luft.

"Im Oktober werden die Zirkuspädagogen in einer Show zeigen, was sie während der Ausbildung gelernt haben", kündigt Luise Sorrentino an.

Dazu gehören unterschiedliche Disziplinen, erklärt Tanja Halberstadt, die die Ausbildung im Raphaelshaus initiiert hat, nachdem sie Zirkuspädagogin geworden war. Nun lernt sie zum zweiten Mal das Jonglieren, Theatertechniken, Akrobatik, Einradfahren und Seiltanz, um die Techniken an die Kindern im Raphaelshaus weiterzugeben.

Die sind mit vollem Einsatz dabei. Unermüdlich wird auf Bällen balanciert, das Diabolo in die Luft geworfen und aufgefangen, werden akrobatische Choreographien eingeübt. Dabei merken die Kinder vor lauter Spaß nicht, dass sie mit den Zirkusnummern auch so genannte Soft Skills wie Disziplin, Konzentration und Ehrgeiz schulen, aber auch sportlicher und körperbewusster werden. Das Auftreten fördert ihr Selbstbewusstsein, und auch kleine Misserfolge gehören dazu. "Die Kinder merken, dass sie eine wichtige Rolle einnehmen und dass ihnen das Publikum kleine Fehler verzeiht, um sie für ihren Mut und ihre Leistung mit Applaus zu belohnen", sagt die Sonderpädagogin Tanja Halberstadt.

Der Kinderzirkus Varieté Raphael mit seinen neuen Zirkuspädagogen ist eine Ergänzung zu bereits bestehenden Zirkusgruppen des Raphaelshauses, die schon zahlreiche Auftritte intern und extern bestritten haben. "Nach den Sommerferien werden wir das Varieté ausbauen und Saal und Küche für Veranstaltungen mitnutzen", kündigt Direktor Hans Scholten an.

Nicht nur die Möglichkeiten, die Ressourcen des Raphaelshauses wie Tiere, Sport und Pädagogik unter dem Zirkuszelt zu vereinen und durch Poesie und Musik zu ergänzen, überzeugt im Konzept, sondern auch der pädagogische Effekt auf die Kinder. Zudem werden in der Zirkusarbeit Kinder aus der Schule, den Tages- und festen Gruppen zusammengebracht. "Das läuft so erfolgreich, dass im nächsten Jahr weitere 13 Fachkräfte zu Zirkuspädagogen ausgebildet werden sollen", kündigt Scholten an.