Gestatten, Bierbrauerin aus Neuss
Clemens-Sels-Museum: Authentische Mittelalter-Kleidung für Kinder: Große Neusser Zeit erlebbar machen.
Neuss. Die zweite Hälfte des 15.Jahrhunderts in Neuss: Die Belagerung durch die Truppen des Burgunder-Herzogs Karl des Kühnen ist erfolgreich abgewehrt. Das spätmittelalterliche Alltagsleben geht weiter. Es agieren Bauern und Handwerker, Mönche und Nonnen prägen das Bild, Kaufleute. Eintauchen in diese Zeit können Kinder bald im Clemens-Sels-Museum, wenn die groß angelegte Mitmachausstellung "Expedition ins Mittelalter" öffnet. Schon jetzt hat das Museum einen weiteren Mosaikstein hinzugefügt, um das Haus, Kunst und Volkskunde für kleine Besucher attraktiv zu machen: Mittelalter-Kleidung: Museumsstücke zum reinschlüpfen.
Antonia ist Bäuerin. In dicken, groben Stoff gewandet - es war generell kalt in jenen Jahren - eine große Schürze ist in das Arbeitskleid eingearbeitet: für Kartoffeln oder Saatgut. Groß war der Anteil der Bauern in Neuss bis ins 19.Jahrhundert hinein, Vorläufer der "Food-City"-Industrie. Ganz anders als die Bauersfrau kommt eine andere Antonia daher: gekleidet als Bierbrauerin. Brauerin? Ja, das sei historisch korrekt und nur ein Beispiel für erfolgreiche "Unternehmerinnen des Spätmittelalters in Neuss, betont Volkskundler Thomas Ludewig. Die Eigenständigkeit der Frauen war zu jener Zeit deutlich größer als etwa im 19.Jahrhundert.
Aber natürlich gibt es auch Männertracht. Der selbstbewusste Kaufmann ist vertreten, ein wohlhabender Handwerker, ein Franziskaner und eine Nonne der Clarissen. Auch ein flandrischer Graf und-sicherlich eines der begehrtesten Kostüme - ein Hoffräulein. Das wäre zwar nicht ein in Neuss heimisches Burgfräulein, als adlige Dame aus dem Umkreis der Burgunderherzogs Karl im großen Feldlager geht sie aber glatt durch. Und schließlich der Pilgrim mit dickem Mantel: Zu Tausenden kamen sie damals nach Neuss, Pilger von weither, um den Stadtheiligen St.Quirin, der seit der Abwehr Karls enorm populär geworden war, um Hilfe zu bitten.
Neuss in einer Hochphase für Kinder erlebbar zu machen, soll mit Hilfe dieser Kostüme wieder ein Stück besser möglich werden. Rollenspiele sind ausdrücklich erwünscht. Und so ist größter Wert auf Authentizität der Gewänder gelegt. Die Textilwissenschaftlerin und Schneiderin Katja Stromberg hat für das Museum gearbeitet, nah an den Vorlagen aus dem 15.Jahrhundert, nah auch an der für die Region typischen Kleidung. Finanziert wurde die Aktion mit Hilfe einer Spende der Sparkassen-Jubiläumsstiftung.
Die Mittelalter-Gewänder für Kinder von sechs bis zwölf Jahren können auf Kindergeburtstagen und bei Führungen ausgeliehen werden. Und natürlich bei der großen Mittelalter-Mitmachausstellung, die aber erst am 22.Juni beginnt.