Kaum weg, schon wieder da
Günter Möller aus Dormagen fährt als Titelverteidiger zur Bumerang-Weltmeisterschaft in die USA. Zu Hause bringt er Kindern die Kunst des Bauens, Werfens und Fangens bei.
Dormagen. Mit einem kraftvollen Wurf schickt Günter Möller seinen Bumerang auf die Reise. Dutzende, endlos erscheinende Sekunden wirbelt das flache Holz durch die Luft, bis es am Ausgangspunkt sicher in der Hand des Werfers landet. Möller ist seit Jahren mit der deutschen Mannschaft amtierender Weltmeister.
Heute allerdings trainiert der Gesamtschullehrer aus Dormagen ausnahmsweise nicht für die bald stattfindende Weltmeisterschaft im amerikanischen Seattle (17. bis 27. August), sondern führt eine Gruppe von Kindern in die Kunst des Bauens, Werfens und Fangens von Bumerangs ein.
Vor den Freiluftversuchen der sieben- bis 13-jährigen Jungen und Mädchen auf dem Schulhof gibt es zunächst theoretischen Unterricht. "Warum können Flugzeuge fliegen?", fragt der 37-Jährige. Tatsächlich weiß einer der Jungs die Antwort. "Weil die über die gewölbten Tragflächen strömende Luft einen längeren Weg zurücklegen muss, entsteht an den Oberseiten ein Unterdruck." Günter Möller nickt anerkennend.
Dann zeigt er den zwölf Kindern die von ihm mitgebrachten Sportgeräte: Zweiflügler, Dreiflügler, Vierflügler aus Kunststoff, Sperrholz und Pappe, in verschiedensten Farben, Formen und Größen.
Auch einige historische Wurfhölzer aus Australien hat er dabei. "Seit mindestens 23000 Jahren benutzt der Mensch Bumerangs", erklärt Möller. Das massive, nur leicht gekrümmte Holz, das er präsentiert, wurde vor langer Zeit von den Ureinwohnern mit einfachem Steinwerkzeug aus einem lebenden Baumstamm gearbeitet.
Jetzt endlich dürfen die Kinder selbst aktiv werden. Zunächst lernen sie im Klassenraum, im richtigen Winkel und mit gebremster Kraft so zu werfen, dass die kleinen Plastikbumerangs mit ihrer Flugbahn einen perfekten Kreis beschreiben. Dann schneidet jedes Kind einen eigenen Bumerang aus. Auch diese x-förmigen Pappen werden, etwas in Form gebogen, sofort erfolgreich genutzt.
Vor der Mittagspause packt Günter Möller Sperrholzplatten, Laubsägen, Feilen und Raspeln aus. Schließlich soll jedes Kind am Ende des zweitägigen Workshops einen eigenen Bumerang mit nach Hause nehmen können. Vielleicht entdecken so manche der Kinder ein spannendes Hobby, so das Kalkül des Ausnahmesportlers.
Der Weltmeister hat als 13-Jähriger das erste Mal einen Bumerang geworfen. In einer Fernsehzeitschrift hatte er eine Bastelanleitung entdeckt. Zwei Jahre später war Möller schon Deutscher Jugendmeister. 1988 schließlich fuhr er, gerade volljährig geworden, zu seiner ersten Weltmeisterschaft. Seit jener Zeit kennt er die besten deutschen Werfer. Die lange Freundschaft zwischen den Aktiven sei, so Möller, ein Grund für den kontinuierlichen Erfolg der deutschen Mannschaft. "Und wir haben von den Besten gelernt, von den Amerikanern."
Inzwischen hat Möller, der auch Präsident des Deutschen Bumerang Clubs und Vizepräsident der International Federation of Boomerang Associations ist, selbst einige der vielen Disziplinen in dieser nichtolympischen Sportart erfunden. Während eines Langzeitfluges kann ein Bumerang schon einmal mehrere Minuten unterwegs sein.
Ein Wurfgerät erreicht schon einmal eine Geschwindigkeit von 100 Stundenkilometern. Die Flugbahn hat manchmal einen Durchmesser von über 50 Metern. Zirkusreif ist das Trickfangen: einhändig hinter dem Rücken, mit den Füßen oder das gleichzeitige Werfen mehrerer Bumerangs.
Die internationale Bumerangwerfergemeinde ist eine bunte Truppe. Es gibt keine Trennung zwischen Männer- und Frauenteams. Auch das Alter spielt keine Rolle. Einer der besten Werfer ist über 60 Jahre alt. Einer der bekanntesten Sportler, der Amerikaner Patrick Cardiff, habe ein Jahr lang in einem hohlen Baum gelebt, erzählt Möller. Und einer der deutschen Teamkollegen, der wie Günter Möller seine Bumerangs selbst anfertigt, konzipierte die Karosserie des ersten Formel-1-Rennwagens von Toyota.