Neuss: Zarte Romanze auf Japanisch

Im Globe begeisterte das Ryutopia Noh-Theatre mit dem Wintermärchen.

Neuss. Die Volljährigkeit wird in Japan ganz besonders gefeiert. Zwar beginnt sie im fernen Osten erst mit 20 Jahren, doch dafür stößt der ganze Inselstaat mit einem eigenen Feiertag alljährlich auf den flügge gewordenen Nachwuchs an.

Ein außergewöhnliches Geburtstagsgeschenk der japanischen Art zur Volljährigkeit des Neusser Shakespeare-Festivals präsentierte die Ryutopia Noh-Theatre Shakepeare Company aus Niigata mit ihrer Version des Wintermärchens am Wochenende im Globe.

Mit viel Fingerspitzengefühl meistert Regisseur und Schauspieler Yoshihiro Kurita hier die mutige Gratwanderung, das klassische Shakespeare-Spiel mit den traditionellen Elementen der über 600 Jahre alten Noh-Theater-Ästhetik zu einer eindrucksvollen Synthese zu verbinden.

In aller Stille beginnt die märchenhafte Romanze. Anmutige, höfisch-puppenhafte Frauengestalten in geheimnisvoll-weißer Maskerade entfachen mit ihrem zarten Feuerzauber das große Spiel um Liebe und Eifersucht, welches hier mit minimalistischer Requisite auf fast nackter Bühne getreu der Noh-Tradition seinen Lauf nimmt.

Das fremde japanische Sprach-Stakkato (mit englischen Untertiteln), welches hier die Sinnlichkeit mit holzschnittartigen Tönen jäh durchbricht, ist in einigen Momenten für das westlich geschulte Ohr schwer verdaulicher Hörgenuss. Doch die große Mimik und äußerst lebendige Bühnenpräsenz der 13 Darsteller lassen die Vielfalt des Shakespearschen Charakterreigens auch über diese Grenzen lebendig werden.

Brillant agieren Ayumi Tanida als rasend eifersüchtiger Leontes und Haruyo Yamaga als zu Unrecht der Untreue vom Ehegatten bezichtigte, verzweifelte Hermione. Dazu gibt es ausreichend visuelle Japan-Häppchen im zeremoniellen Noh-Ritus.

Kunstvoll bestickte Kimonos, die mit ihren Farbnuancen dezente Stimmungswechsel ins Spiel bringen, sowie zart tönende chorale Einlagen, die an mythische Sirenen erinnern und eine andere Welt erahnen lassen. Dazu fein gesetzte Akzente körperlich-ästhetischer Tanzbewegungen elfengleicher Wesen, die diesem von starken Wechseln gekennzeichneten Stück einen Hauch von spirituellem Innehalten beifügen.

Großer Applaus für die Deutschlandpremiere, auch vom japanischen Publikum, für einen "kakoii" Shakespeare (zu deutsch cooler Shakespeare). Taiko-Trommelwirbel der Gruppe Tentekko lockte das begeisterte Publikum zur anschließenden Geburtstagsparty im Japan-Ambiente.