Neuss: „Ich will auf der Bühne stehen“

Über zehn Jahre war die Neusser Kult-Combo Ötte-Band auf den Straßen der Republik unterwegs. Frontman Christian Otte singt jetzt solo und feiert sein 25-jähriges Bühnenjubiläum.

Neuss. Der erste Auftritt sei natürlich katastrophal gewesen. Als Jugendlicher hörte Ötte, wie ihn die meisten nennen, zwar interessiert Musik, gespielt hatte er aber lieber auf dem Fußballplatz. Mit Anfang 20 fragte ihn ein Freund, ob er als Bassist in dessen Band Phiric Victory einsteigen möchte. "Ich kann doch gar nicht Bass spielen", sagte Ötte damals. Das lerne er schon, antwortete sein Freund. Die ersten Konzerte gaben sie in Schulaulas und Jugendzentren. Es folgte die Band G-man. Zunächst als Instrumentalist, wechselte Christian Otte schließlich ans Mikro. Und jetzt feiert er mit der Ötte-Band sein 25-jähriges Bühnenjubiläum.

"Mit der Gruppe G-man habe ich das erste Demoband aufgenommen", erinnert er sich. "Leider finde ich die Kassette nicht mehr." Es folgte die Formation December, und der Wechsel vom Deutschrock zur progressiven Musik à la Marillion. Ein Schicksalsschlag löste Anfang der 1990er Jahre die Band auf. Schlagzeuger Christoph Kamholz, Öttes bester Freund, stirbt.

Rund 10000 Mark investierten die Musiker der Nachfolgeband privat. Für die damalige Zeit war es aber auch so, dass eine lokale Band mit Auftritten im Haus Derikum vor 500 Zuschauern den Höhepunkt der Karriere erreicht hatte. "Flyer haben wir mit der Hand geschrieben und verteilt. Überregionale Netzwerke über das Internet wie heute konnten überhaupt nicht aufgebaut werden", erzählt Otte. Der Further Hof, heute Öttes "Wohnzimmer", war damals noch unerreichbar. Als legendär wird sein Auftritt im Holzheimer Schützenzelt bezeichnet. Als aktiver Schütze sang er spontan mit der Band Sound Convoy einige Songs von Westernhagen. Jetzt war ihm klar: Er will vor allem auf der Bühne stehen. "Das schafft man allerdings am besten mit Coversongs", weiß Ötte. 1997 gründete sich die Ötte-Band.

Die Karriere nahm nun schnell Tempo auf. Der Reiseunternehmer Wolfgang Viethen verpflichtete die Band für Auftritte bei der Fußball-Weltmeisterschaft 1998 in Frankreich. Statt Gage gab es Essen, Zimmer und Eintrittskarten umsonst. Vor mehreren tausend Zuschauern spielte sie unter anderem in Paris und Lyon ihren Deutschrock. Ins Fernsehen schaffte es die vierköpfige Truppe mit einem Auftritt bei der ersten Staffel von "Big Brother". Für eine Bewohnerin komponierten sie den Song "Sabrina hat Rhythmus". Die Musiker verkleideten sich für ihren Auftritt wie im Karneval. Die Resonanz war zum Teil böse: "Währt ihr doch in Düsseldorf geblieben", schrieb eine Zeitung.

Das größte Live-Publikum mit über 30000 Zuschauern erreichte die Ötteband bei der Aufstiegsfeier des FC St. Pauli. Doch irgendwann war Ötte das Partygetöse leid. Auf der CD "Saitenwechsel" waren nur Eigenkompositionen zu hören, gleiches galt für die künftigen Konzerte. "Uns brach das ganze Publikum weg", so Otte. Es kam zum Streit in der Band, und nach zehn Jahren war Schluss. "Beim Abschiedskonzert haben wir dann das gemacht, was vorher nie funktioniert hat. Wir haben Cover und eigene Songs gespielt. Plötzlich kam das an."

Heute beschreitet der 44-Jährige mit Projekten wie C.H.O.T. und "Flankengott" Solo-Pfade. Als Entertainer lässt er sich auch wieder mit Coversongs der Marke Deutschrock buchen. Mit dem eigenen Label "Öttemusic" unterstützt er zudem andere Bands. Im April veröffentlicht er seine nächste Platte "Mit Blick nach Süden" und stellt dann auch seine Biographie zum 25-jährigen Bühnenjubiläum vor: "Nennen wir es Halbzeit." Eine Jubiläumsparty in der Wetthalle ist für den 24.April geplant.