Eisdiele beseitigt Leerstand in Neuss Die Welt der Eisdielen im Wandel
<irwordspace style="word-spacing 01875em;"><irglyphscale style="font-stretch 102%;">Neuss </irglyphscale></irwordspace> · Der Markt hat sich vollständig zur Gastromeile gewandelt, wo das Eiscafé Roma einer der großen Frequenzbringer ist. Um den Ansturm etwas zu bremsen, eröffnet die Inhaberfamilie in der City einen zweiten Standort. Über eine Branche im Wandel und neue Essgewohnheiten.
Mit den ersten Schneeglöckchen sind auch andere Frühlingsboten aus ihrer Winterpause zurückgekehrt: die ersten Eisverkäufer. Antonio Traina hat sein Eiscafé Palma am Meererhof wieder eröffnet, und am Eiscafé Roma am Markt, das seit Samstag zurück ist, standen die Menschen am Dienstag schon wieder bis zur Stiftsgasse Schlange. Der Ansturm bestätigt Inhaber Donato Sicuro, dass es richtig war, fast eine Viertelmillion Euro in ein zweites Lokal zu investieren. Anfang März will er es eröffnen. Wann genau, das hänge vom Wetter ab, sagt er.
Sicuro ist seit fast einem Vierteljahrhundert in Neuss. Im November 2000 eröffnete er in den Räumen der ehemaligen Deutsche-Bank-Filiale am Markt, die davor fast zwei Jahre leer gestanden hatte. Für ihn ist der Markt nach wie vor der beste Standort in Neuss, auch wenn sich das Umfeld in dieser Zeit gewandelt. Mit dem Entschluss, diesen innerstädtischen Platz autofrei zu machen, verbesserten sich auch im Eiscafé Roma die Umsätze. Eine mittelfristige Folge war ferner, dass sich der Platz zur Gastromeile entwickelte und bis heute alle zunächst verbliebenen Einzelhändler aus diesem Umfeld verschwunden sind. Und auch der Gastro-Besatz ist im Wandel, beobachtet nicht nur Sicuro, der feststellt: Immer weniger Lokale seien in der Hand von Europäern, die Szene am Markt werde immer internationaler.
Aber auch das Eisgeschäft wandelt sich, und ein Treiber der Entwicklung ist die Fernsehwerbung. After Eight, Bonito oder Kitkat – was auch immer in der Flimmerkiste in bewegten Bildern angepriesen wird, müsse er auch zu einer Eissorte machen, sagt Sicuro. Die Kundschaft verlange danach. Im Ergebnis bietet er am Markt derzeit 42 Sorten an. Und trotzdem hatte er noch am Dienstag eine Frau vor der Eistheke stehen, die trotz dieser Fülle nichts gefunden hat. Das hat ihn fast umgehauen.
Am zweiten Standort soll Angebot auf 54 Sorten wachsen
Aber vielleicht ändert sich das am zweiten Standort, den Sohn Pietro (22) führen wird. Dort will das Eiscafé sein Angebot auf 54 Sorten ausweiten. „To go“, wie Sicuro sagt – was früher noch „Eis auf die Hand“ hieß. Aber das Ladenlokal an der Niederstraße, wo bis zum vergangenen Sommer die Confiserie Hussel ansässig war, ist zu klein für ein echtes Eiscafé. Drinnen bietet es nur Platz für drei Tischchen, aber eine Eistheke von flugzeugträger-ähnlichem Format. Ein neuer, sehr breiter Eingang soll dafür sorgen, dass gleichzeitig mehr als die zwei oder drei Kunden bedient werden können, die am Markt vor dem Tresen Platz haben.
Der Standort schräg gegenüber der derzeit leeren Kaufhof-Immobilie hat aber Potenzial für mehr. Einmal, weil die Zahl der Laufkundschaft größer ist als am Markt. Das dürfte sich noch erhöhen, wenn in die frühere Galeria das Leben zurückkehrt. Zudem hält direkt vor dem Eisladen die Straßenbahn. „Das haben wir uns im Vorfeld alles sehr genau angesehen, sagt Sicuro, der lange nach einem zweiten Standort gesucht hatte. Und sollte sich bewahrheiten, dass im angrenzenden Geschäft in zwei Jahren der Mietvertrag ausläuft, will er versuchen, da den Fuß in die Tür zu bekommen – für ein echtes Eiscafé.
Zu dem kleinen Lokal an der Niederstraße gehören aber auch Produktions- und Vorratsräume. Sie sind groß genug, um die Eisherstellung vom Markt ganz zur Niederstraße zu verlegen. Dort bauen die Sicuros eine flammneue – und natürlich aus Italien importierte – Eismaschine auf, die alle fünf bis sechs Minuten ein Kilo Speiseeis liefert. Und das bei – zum Vergleich zu heute – halbem Stromverbrauch.
Bis zur Eröffnung bleiben die Fensterscheiben mit Papier verhüllt, weil sich die Sicuros den „Wow-Effekt“ nicht kaputtmachen wollen. Christoph Napp-Saarbourg, Vorsitzender der Zukunftsinitiative Innenstadt Neuss (ZIN) hat natürlich trotzdem Kenntnis davon, was sich in dem Ladenlokal tut. „Jeder Leerstand, der beseitigt wird, ist erst einmal gut“, kommentiert er die Veränderung. Auch eine gewisse Entzerrung auf dem Markt und eine neue Eisdiele sei zu begrüßen. Aber, fügt er aus ZIN-Sicht hinzu, „wir hätten als Kaufleute da natürlich gerne einen Händler gesehen.“