Rhein-Kreis Neuss investiert Millionen in den Katastrophenschutz Kreis baut Zentrum für Bevölkerungsschutz

<irwordspace style="word-spacing 025em;"><irglyphscale style="font-stretch 102%;">Rhein-Kreis/Neuss</irglyphscale></irwordspace> · Der Katastrophenschutz erlebt nach Jahren der Vernachlässigung ein Comeback und soll im Rhein-Kreis ein eigenes Zentrum bekommen. Über die Frage, was das Zentrum umfassen soll, streitet der Rhein-Kreis noch mit den Kommunen.

Die Kreisleitstelle am Hammfelddamm wird aufgegeben und mit einem neuen Bevölkerungsschutzzentrum verschmolzen. Zur Verbesserung der Akutsituation wurde aber die Personalstärke ausgebaut.

Foto: Andreas Woitschützke

Der über gut drei Jahrzehnte kaputt gesparte Katastrophen- und Bevölkerungsschutz hat durch Ereignisse wie das Hochwasser an Ahr und Erft 2021 oder den Krieg in der Ukraine wieder neue Bedeutung erlangt. Der Rhein-Kreis reagiert darauf mit der Planung eines Bevölkerungsschutzzentrums, in dem deutlich mehr Aufgaben vereinigt werden sollen, als in der Kreisleitstelle für Feuerwehr und Rettungsdienst bereits gebündelt sind. Eine Investition steht an, die einen dreistelligen Millionen-Euro-Betrag erreichen kann. Das wirft die Frage auf, ob man sich diese Summe nicht mit jemandem teilt. Dem Rhein-Erft-Kreis zum Beispiel, der vor der gleichen Aufgabe steht.

Wenn Martin Stiller als zuständiger Kreis-Dezernent dem Ausschuss für Rettungswesen, Feuer- und Katastrophenschutz am Mittwoch von der gerade gestarteten Suche nach einem Grundstück für ein solches Zentrum berichtet, wird er darauf hinweisen, dass der Kreis dabei zweigleisig fährt. Denn wenn die laufenden Gespräche mit dem Nachbarkreis zu dem Ergebnis führen, dass beide ein gemeinsames Bevölkerungsschutzzentrum errichten, kann dies natürlich auch im Rhein-Erft-Kreis gebaut werden – einschließlich einer neuen und dann gemeinsam genutzten Leitstelle.

Aus Interviews, die das derzeit mit einer Machbarkeitsstudie beschäftigte Büro kplan mit Vertretern aller Kommunen geführt hat, geht hervor: Im Prinzip sind alle für eine solche Zentrale, die die Leitstelle mit neuen Räumen für den Krisenstab, die entsprechenden Fachämter der Kreisverwaltung aber auch ein Katastrophenschutzlager vereint. Dieses Lager soll an zentraler Stelle vom Sandsack bis zum Feldbett bevorraten, was in unterschiedlichen Einsatzlagen benötigt wird. Allerdings gibt es (noch) unterschiedliche Vorstellungen über die Notwendigkeit einer Fahrzeughalle sowie eine zentrale Ausbildungseinrichtung – vor allem für die Feuerwehr.

In einer Stellungnahme der Stadt Jüchen, die dem Ausschuss am Mittwoch vorliegt, macht Bürgermeister Harald Zillekens deutlich, dass aus seiner Sicht der bisherige Ansatz, „das feuerwehrtechnische (Katastrophenschutz)-Equipment bei den kreisangehörigen Feuerwehren dezentral vorzuhalten, der richtige Weg ist“. Das klingt, als wolle er den Kreis an dieser Stelle nicht zu groß werden lassen. Aber auch Korschenbroichs Beigeordneter Thomas Dückers will an einer dezentralen Fahrzeugvorhaltung festhalten – einschließlich Werkstätten.

Differenzierter ist das Meinungsbild in der Frage, ob dem Bevölkerungsschutzzentrum auch ein Ausbildungs- und Trainingszentrum angegliedert sein sollte. Ein uneingeschränktes Ja kommt von der Stadt Dormagen. Das wäre „eine zukunftsweisende Investition in die Sicherheit der Bürger“, formuliert es Feuerwehrchef Bernd Eckhardt. Ein solches Zentrum „könnte flächendeckende Realbrandausbildungen, Atemschutzübungsstrecken sowie Simulationen von Einsatzszenarien unter realistischen Bedingungen bieten“, führt er aus. Das aber würde der Stadt Neuss gar nicht schmecken. Sie nimmt Anfang 2026 die Feuerwache Süd in Hoisten in Betrieb, an der auch Übungsanlagen für Atemschutzausbildungen oder die Höhenrettung entstehen. Angesichts einer Investition in siebenstelliger Höhe habe Neuss „kein Verständnis dafür, wenn für die gleichen Ausbildungen an anderer Stelle durch den Kreis erneut investiert würde“, lässt Ordnungsdezernent Holger Lachmann wissen, der zudem ein deutliches Interesse zu erkennen gibt, die neue Leitstelle in Neuss anzusiedeln.

Dass diese Zentrale am Hammfelddamm auch durch Umbauten nicht mehr so zu ertüchtigen ist, um aktuellen Anforderungen zu genügen, ist gutachterlich belegt, ein Neubau unumgänglich.

Das gleiche Gutachten kommt aber auch zu der Erkenntnis, dass die personelle Ausstattung längst nicht mehr ausreichend für die Einrichtung ist, deren 38 Mitarbeiter im Vorjahr fast 100 000 Notrufe abarbeiten und 85 000 Einsätze koordinieren mussten. Auf einen Brandbrief aller Feuerwehrchefs an den Landrat und den Kreisbrandmeister vom vergangenen Februar, worin mehr Personal gefordert wird, um die Einsatzbereitschaft der Leitstelle zu sichern, hat der Rhein-Kreis als Träger inzwischen reagiert.

Für 2025 wurden sechs neue Disponentenstellen bewilligt – und besetzt.