Neuss nach dem Steuerschock Grundsteuer: Politik kündigt Reparatur an
<irwordspace style="word-spacing 01875em;"><irglyphscale style="font-stretch 102%;">Neuss </irglyphscale></irwordspace> · Die Politik hat die Hebesätze für die Grundsteuer auf die vom Land empfohlene Höhe festgesetzt und ist nun erschrocken über das Ergebnis. Das sind die Reaktionen
Die großen Ratsfraktionen sind erkennbar erschrocken über die Auswirkungen ihres Beschlusses zur Neufestsetzung der Hebesätze für die Grundsteuer B. Denn dass die Stadt – entgegen aller früheren Bekundungen – den Immobilienbesitzern zusätzlich 800 000 Euro „abnimmt“, war so nicht abgemacht worden.
CDU und SPD kündigen deshalb übereinstimmend an, sich schnellstmöglich an eine „Reparatur“ zu machen. Das kann allerdings nicht ad-hoc passieren, sondern vielleicht erst mit dem Etatbeschluss für das Haushaltsjahr 2026 erfolgen. „Es bleibt bei der Zusage, dass wir uns als Stadt an der Grundsteuer nicht bereichern wollen“, sagt der CDU-Fraktionsvorsitzende Sven Schümann mit Nachdruck.
Im Dezember hatte der Rat einstimmig beschlossen, den Hebesatz für die 50 135 zu besteuernden Immobilien im Stadtgebiet einheitlich für Wohn- wie auch für Nichtwohn-Immobilien auf 610 Punkte festzusetzen. Es beim alten Hebesatz von 495 Punkten zu belassen, hätte eine Mindereinnahme in Höhe von sechs Millionen Euro, das vom Land für zulässig erklärte Splitting der Hebesätze anzuwenden dagegen ein beträchtliches rechtliches Risiko nach sich gezogen.
Das Splitting hätte bedeutet, den Hebesatz für Wohnimmobilien auf 469 Punkte zu senken – bei gleichzeitiger Erhöhung des Hebesatzes für Nichtwohnimmoilien auf 934 Punkte. Sobald das rechtliche Risiko ausgeräumt ist, soll aber von der Möglichkeit des Steuersplittings Gebrauch gemacht werden. „Das Ziel sind differenzierte Hebesätze“, sagt der SPD-Fraktionsvorsitzende Sascha Karbowiak.
Nach Rechtsprechung kommt Steuersplitting zum Einsatz
Zumindest solange das Land nicht seine Hausaufgaben macht und flächendeckend eine Anpassung der Messzahlen zur Berechnung der Steuerschuld vornimmt. Andere Bundesländer hätten das getan, sagt Karbowiak, Nordrhein-Westfalen nicht – und damit „den Kommunen das Probleme vor die Stadttore gekippt“.
Neuen Schwung hatte die Grundsteuerdebatte in Neuss bekommen, nachdem die Verwaltung im Januar die Steuerbescheide verschickt hatte. Die Fraktion UWG/Freie Wähler hatte deshalb eine Anfrage an die Stadt gerichtet, die neben den Mehreinnahmen offen legte, dass sich die Steuerlast in Richtung der Wohnimmobilien um 5,7 Millionen Euro verschiebt, während Gewerbeobjekte als Nichtwohngebäude in Summe um 4,8 Millionen Euro entlastet werden. „Von Abzocke der Bürger im Bereich Wohnen“ spricht deshalb der Fraktionsvorsitzende Carsten Thiel.
Ob die Mehreinnahmen aus der Grundsteuer tatsächlich fließen, hängt auch davon ab, wie über die schon vorliegenden 1000 Widersprüche entschieden wird. Eine Spitzabrechnung des Finanzamtes werde vermutlich erst im Herbst für Klarheit sorgen können, sagt Karbowiak.
Bleibt es aber bei einem Plus, kündigt Schümann an, auf jeden Fall den Hebesatz für Wohnimmobilien nachjustieren zu wollen. Tendenz runter. Man wolle die Folgen für Hausbesitzer abmildern, sagt er ebenso wie Karbowiak, der mit dem niedrigen Hebesatz für Nichtwohn-Immobilien keine verkappte Wirtschaftsförderung betreiben will.
Parallel dazu will die Politik beobachten, ob sich für die Kommunen, die das Hebesatzsplitting eingeführt haben, die befürchteten Rechtsstreitigkeiten ergeben haben – und deren Ausgang. Vielleicht, sagt Karbowiak, wisse man dazu in ein paar Monaten schon Genaueres.