Neuss: Tödliche Gefahr im toten Winkel

Ein Verkehrsexperte klärt über die Gefahren des toten Winkels bei Lkw auf. Erst kürzlich starben zwei Neusser, weil sie von Fahrern übersehen wurden.

Neuss. Samstag auf dem Neusser Markt: Die neunjährige Leonie sitzt in einem geparkten Lastwagen.

Neben dem Fahrzeug liegt eine dreieckige Folie, auf der eine lebensgroße Holzfigur steht. Eine weitere befindet sich zwei Meter vor dem Lkw.

Leonie aber sieht von alledem nichts. Und das, obwohl sie in drei Spiegeln am Türrahmen in eine jeweils andere Richtung nach hinten blicken kann. Auch durch die Frontscheibe sieht die Neunjährige nur den Marktplatz.

"Die Puppe kann ich nicht sehen", sagt Leonie und wirkt erstaunt. Die Praxis hat veranschaulicht, was Verkehrssicherheitsberater Franz-Josef Baumeister am Tag der Verkehrssicherheit zeigen wollte:

"Der tote Winkel birgt eine tödliche Gefahr für alle, die sich darin bewegen. Leider denken viele Verkehrsteilnehmer nicht darüber nach."

Mit zwei Fahrschulen und dem Deutschen Verkehrssicherheitsrat nutzte Baumeister zwei traurige Anlässe, um auf die Gefahren des toten Winkels bei Lastwagen aufmerksam zu machen: "Erst kürzlich starben zwei Neusser, weil sie von Lkw-Fahrern nicht gesehen wurden."

Ein Rundumblick ist bei Bussen und Lastwagen faktisch unmöglich. Der Fahrer kann nur den Bereich neben dem Führerhaus einsehen und durch den rechten Außenspiegel den Raum, der sich direkt neben dem Fahrzeug nach hinten erstreckt.

Dazwischen befindet sich aber der "tote Winkel" - eine Fläche in Form eines Dreiecks, dessen Winkel 30 Grad besitzt. "Alles, was sich darin befindet, wird vom Fahrer nicht wahrgenommen", erklärt Baumeister.

Deshalb sei es wichtig, dass sich Radfahrer und Fußgänger dessen bewusst sind. "In solchen Fällen ist Vorsicht geboten, auch wenn das bedeutet, auf sein Vorfahrtsrecht zu verzichten.

"Selbst mit Zusatzspiegeln und Kameras ist nicht garantiert, dass der Fahrer erkennt, ob sich jemand im toten Winkel aufhält."

Dass im Zweifel immer der Lkw-Fahrer angeprangert wird, ärgert Hans-Bernd Schmitz von der Fahrschule am Busbahnhof:

"Sie müssen das große Fahrzeug bedienen, stehen oft unter Zeitdruck und sollen alles überblicken. Letzteres ist unmöglich."

Die Simulation am Tag der Verkehrssicherheit kam bei den Besuchern gut an: "Ich hätte nicht gedacht, dass der Winkel so groß ist", meint Stefan van Dell, während seine Tochter im Lastwagen sitzt.

"Ich bin froh, dass Luna die Gefahr jetzt auch mal aus der Perspektive des Lkw-Fahrers sieht." Der Vater sieht angesichts der Problematik Handlungsbedarf:

"Könnte man die heutige Aktion nicht zum festen Bestandteil der Verkehrssicherheitstrainings in Schulen machen?"

In manchen Schulen in Neuss und Meerbusch geschehe das, sagt Franz-Josef Baumeister und appelliert an alle Eltern: "Seien Sie sich der Gefahren bewusst und klären Sie Ihre Kinder auf."